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Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag184
reitete, sowohl die Haltung der Stände als auch die seines Vaters: „wan das reich
mit ierer hilf nit das beste thuen wiert, so was ich nit, wier die ku. mt. dem Tur-
ken widerschtant thuen werden; awer will ier mt. fil bai dem raich erhalten, so
mues das raich und die schtant auch von ier mt. iere begern erhalten“249. Indes-
sen erwiesen sich Ferdinands Beharrlichkeit sowie sein „Draufsatteln“ diesmal
als letztlich erfolgreiche Taktik, zumal er die Notwendigkeit durch Auftritte
von Gesandtschaften aus Ungarn und Böhmen nochmals nachdrücklich unter-
streichen ließ. Am Empfang der Ungarn nahmen auf sein Ersuchen sämtliche in
Regensburg anwesenden Fürsten persönlich teil250, und die Böhmen warteten
mit der imponierenden Angabe auf, schon in Friedenszeiten habe man für die
Sicherung der Grenzen ungefähr eine Million Gulden aufgebracht251. Zwar
konnte Österreich die beantragte Erhöhung der Beiträge im Fürstenrat nicht
durchsetzen252, aber die vom Kurfürstenrat gewollte Minderung um 25% wur-
de nicht mehr mitgetragen, und in letzterem Gremium wurde der Widerstand
gegen die ursprüngliche Forderung des Königs schwächer253. Die dritte Stel-
lungnahme der Reichsstände am 5. Februar erfolgte nochmals als gespaltenes
Votum: Der Fürstenrat und die Minderheit der Kurfürsten bewilligten die be-
antragten acht doppelten Römermonate, die Mehrheit des Kurfürstenrates blieb
bei dem vorigen Angebot von 75% (sechs doppelte Römermonate)254. Die „be-
harrliche Hilfe“ wurde mit der Begründung abgelehnt, es fehle den Ständen
dafür an Instruktionen, außerdem bedürfe die Ausgestaltung noch langwieriger
Beratung, die den Reichstag aufhalten würden. Jedoch war im Ausschuß des
Fürstenrates bereits anerkannt worden, es sei „zum höchsten woll vonnöten,
dieselb am ehisten alls immer müglich in das werck zu richten“255, und im
Kurfürstenrat hatte Sachsen ihre Bewilligung für zwei bis drei Jahre vorgeschla-
gen, also eine Kompromißlösung256. Mithin gab es Anknüpfungsmöglichkeiten
für einen neuen Versuch beim nächsten Reichstag. Bemerkenswert ist, daß die
Stände die Erneuerung des Landfriedens und die Bekräftigung des „ewigen“
Religionsfriedens zur Voraussetzung der Türkenhilfe erklärten257.
Indem Ferdinand seine weitergehenden Forderungen nun schrittweise zu-
rückzog, konnte er die noch opponierenden Kurfürsten zunehmend unter
Druck setzen. Er nahm zunächst das Angebot der Ständemehrheit an, verzich-
tete mit betonter Enttäuschung auf den Zusatzantrag, akzeptierte auch die
Zahlungstermine, verlangte aber eine Genehmigung für die zu berufenden
Pfennigmeister, im Notfall vorweg Anleihen aufnehmen zu dürfen, und das
Recht, die bewilligten Gelder auch in sechs Monaten ausgeben zu dürfen, um
mehr Truppen einstellen und die Relation zwischen Reitern und Fußknechten
249 Ernst, Bw. 4, S. 264: Maximilian an Herzog Christoph, Wien, 2.2.1557
250 HHStA Wien, RK RTA 39, fol 692r/v: Protokoll zum 16.1.1557
251 Ebda, MEA RTA 43, fol 270v-280v: Rede der böhmischen Gesandtschaft, die Zahlenangabe fol
271v
252 Ebda, RK RTA 39, fol 699r-701v u. fol 706v/707r: Protokoll zum 27.1. bzw. 28.1.1557
253 Ebda, MEA RTA 43, fol 256r-257v: Bericht der Mainzer Vertretung v. 22.1.1557
254 Ebda, RK RTA 38, fol 396r-403r
255 Ebda, fol 407v (undatierter Protokollauszug)
256 Ebda, MEA RTA 43, fol 328r-330r: Bericht der Mainzer Räte v. 8.2.1557.
257 wie Anm. 254, fol 400v
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien