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Der Reichstag unter Ferdinands persönlicher Leitung 187
sie „de loco, tempore, personis et re ipsa, darunter begriffen, worauf und wie zu
colloquieren“274.
So führte schon die Sitzung des Religionsausschusses am 10. Februar zum
endgültigen Scheitern der Konzeption Ferdinands, als eine Diskussion über die
Zusammensetzung des Colloquiums begonnen und von Trier mit dem Vor-
schlag eröffnet wurde, dem König das Präsidium anzutragen und ihm von jeder
Konfession einen Fürsten beizuordnen. Mit dem Antrag auf ein fünfköpfiges
Präsidium ging Pfalz noch weiter und brachte überdies die protestantische Vor-
stellung von einem großen öffentlichen Colloquium mit mehr als hundert Teil-
nehmern zum Ausdruck275. Die Veranstaltung hätte dadurch geradezu die Ge-
stalt eines (Gegen-)Konzils oder Nationalkonzils gewonnen; vielleicht wurde
hier eine Maximalforderung erhoben, um die andere Seite zu Zugeständnissen
zu veranlassen. Zasius gab sich alle Mühe, die Vorstellungen seines Herrn noch
einmal zu verdeutlichen: Er erinnerte an dessen Resolution, „das der tractat per
modum consultationis ... anzustellen, der meinung weren sie auch jedesmal
gewesen und noch.“ Wenn jetzt über ein großes Präsidium verhandelt werde,
„wurde folgen, das auch viel colloquenten und andere personen dazu gehorig,
wie dann per Pfalz auch votiert. Nun weren sie nit der mainung, das diß collo-
quium ein solch formal colloquium sein solte als die furnamigen gewesen“. Dar-
um sollten diese „Weitläufigkeiten“ nicht weiter behandelt werden, weil sonst
nichts anderes herauskäme als früher, „da alle puchleden voller scripturen von
beden thailen“; vielmehr wäre es der Sinn der königlichen Resolution, „das sie
ire theologos sollen nidersetzen von den sachen zu consultieren und was sie
consultiert und bewegen, das solchs zu referieren“. Dafür brauche man weder
ein Präsidium noch den ganzen übrigen Apparat eines „formalen Colloqui-
ums“276. Obwohl Bayern nochmals sekundierte, es verstünde „den handel an-
ders nit dan wie Osterreich auch, und das gut were, das alle weitleuffigkait ver-
mitten und die Impedimenta alle abgeschnitten“, deutete sich die Isolierung
Österreichs, mithin Ferdinands, schon an, als Hundt eine größere Zahl von
Beisitzern im Präsidium nicht grundsätzlich ablehnte277. Die übrigen Mitglieder
zeigten sich mit Ausnahme Hessens von Zasius’ Ausführungen unbeeindruckt
oder wiesen sie zurück: Mit der Bemerkung, Consultatio und Colloquium seien
dasselbe, bereitete Thann der ferdinandeischen Differenzierung das Ende, Dr.
Eisen (Brandenburg-Ansbach) erklärte, es könne nicht nur um „media“ gehen,
die Argumente müßten ausgetauscht werden, und Dr. Lindemann (Kursachsen)
spitzte zu, eine Konsultation mit dem Ziel der Vermittlung sei unmöglich,
„dann veritas ipsa und nit media mussen ex fontibus sacrae scripturae gezogen
werden“278. Daraufhin kapitulierte Zasius; in seinem zweiten Votum be-
schränkte er sich auf das Thema Präsidium. Da allseits gewünscht wurde, Fer-
274 HHStA Wien, MEA RTA 43, fol 345r-348r: Ratschlag der Bischöfe v. 7.2.1557; die Zitate fol
345v. Die zu den vier Aspekten diskutierten Vorschläge eingehend besprochen bei Bundschuh,
S. 216f.
275 Ebda, MEA RTA 44a, fol 152v/153r: Protokoll zum 10.2.1557
276 Zasius’ Votum ebda, fol 153v-154v
277 Ebda, fol 154v/155r
278 Ebda, fol 156r-158r/v; vgl. Bundschuh, S. 221
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien