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Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag190
Januar den Gedanken noch allgemein befürwortet hatte293, signalisiert das Resi-
gnation: Von dem „formalen Colloquium“, das der Ausschuß aushandelte,
erwartete er anscheinend keine positiven Ergebnisse.
Ebensowenig lag es in Ferdinands Absicht, einem Colloquium von Theolo-
gen zu präsidieren, für deren spitzfindige Auslegungskontroversen er wenig
Verständnis hatte. In seiner Erwiderung vom 26. Februar294 nahm er es durch
kommentarloses Wiederholen hin, daß auf diesem Reichstag kein fruchtbares
Religionsgespräch geführt werden könne, und lehnte dann die Übernahme des
Präsidiums wegen seiner Unabkömmlichkeit aufgrund der türkischen Bedro-
hung seiner Erblande rundweg ab, versprach aber, einen „verständigen“ geeig-
neten Fürsten als seinen Vertreter zu bestellen und dessen Unkosten zu über-
nehmen. Die Vorschläge zur Geschäftsordnung akzeptierte er ausnahmslos und
forderte dazu auf, die noch offenen Punkte, insbesondere die Nominierung der
Teilnehmer, zügig vorzunehmen. Als Ort wählte er – vielleicht auch damit sein
geschwundenes Interesse bekundend – das für ihn ja entfernter gelegene
Worms.
In getrennten Beratungen erörterten beide Konfessionen in den nächsten Ta-
gen, wen sie für die verschiedenen Aufgaben im Rahmen des Colloquiums no-
minieren wollten295. Ferdinand hat auf die Auswahl der katholischen Teilneh-
mer wenig Einfluß genommen, doch wurde sein grundsätzliches Interesse an
der Überwindung der Glaubensspaltung von Zasius mit der Forderung, es
sollten „schiedliche friedliebende personen, so auch tauglich dazu gezogen wer-
den, dan diß colloq. nunmehr der einig trost compositionis religionis were“,
noch einmal zum Ausdruck gebracht296; Ferdinand meinte darum auch, man
solle bei der Auswahl der fürstlichen Beisitzer den Augsburger Kardinal über-
gehen297. Der König bemühte sich alsbald persönlich, den einmütig vorgeschla-
genen Merseburger Bischof Michael Helding zu überreden, sich zur Verfügung
zu stellen und seinen ebenfalls unumstrittenen Naumburger Kollegen Julius
Pflug auch dazu zu bewegen298. Die Nominierung dieser beiden kompetenten
Theologen entsprach zweifellos seinen Wünschen, weshalb er sich auch dafür
einsetzte, daß ihre Unkosten zur Hälfte von den katholischen Reichsständen
übernommen wurden299. Aus seinem theologischen Beraterkreis gelangten Ca-
nisius und Staphylus als Collocutoren, Witzel und der bayerische Hofprediger
293 Vgl. Döllinger 3, S. 172. Die Idee, die Katholiken sollten für das Colloquium eine eigen Vorlage
präsentieren, war auch in den Vorüberlegungen der fünf Bischöfe erwogen worden, doch fehlt in
ihrem Papier der Gedanke, der König solle die Initiative ergreifen (Ratschlag der Bischöfe, wie
Anm. 274, fol 347v).
294 HHStA Wien, RK RTA 38, fol 531r-533r (Kopie); laut Mainzer Protokoll (MEA RTA 44a, fol
202r) am 25.2. übergeben.
295 Dazu eingehend Bundschuh, S. 230ff (Katholiken) und S. 239ff (Protestanten), dabei auch die
verschiedenen Änderungen besprechend.
296 HHStA Wien, MEA RTA 44a, fol 205r: Mainzer Religionsprotokoll zum 27.2.1557
297 MEA RTA 43, fol 460v: Randbemerkung in der Liste der für das Colloquium vorgeschlagenen
katholischen Teilnehmer.
298 Ebda, fol 207v-208v; vgl. Bundschuh, S. 235 Anm. 245
299 Ebda, RK RTA 39, fol 279r-282v: Schreiben der Reichstagskommissare an F., Regensburg,
21.3.1557 (Kopie), bes. fol 279r/v
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien