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Der Frankfurter Staatsakt: Die Proklamierung Ferdinands zum Kaiser 223
Willen des Kaisers für Hinausschieben bis zum November, bestätigte aber, daß
der „Stufenplan“ weiterhin Gültigkeit besitze und der Kaiser seine Absicht
nicht grundsätzlich geändert habe102. Im Grunde hat erst der Sieg von St.
Quentin den Weg zum Kurfürstentag endgültig frei gemacht. Anscheinend hat
Philipp dann auch an einige Reichsstände geschrieben, er habe früher im Ein-
vernehmen mit seinem Vater zu Nutzen und Wohlfahrt des Reiches die Nach-
folge angestrebt, erhebe jetzt aber keinerlei Ansprüche mehr103.
Ferdinand hatte nochmals versucht, das Treffen der Kurfürsten mit einem
Reichstag, der über die Ergebnisse des Wormser Colloquiums zu befinden ha-
ben würde, zu kombinieren bzw. es unmittelbar vorzuschalten, was ihm den
großen Vorteil beschert hätte, einen optimal besuchten Reichstag zu bekom-
men104. Als weitere Themen ließ er die Ordnung des Münzwesens und wieder
die Türkenabwehr ankündigen105. Indessen zeigte sich erneut, daß seine vorjäh-
rige Argumentation gegenüber Kaiser Karl, man müsse auf das Sonderbewußt-
sein der Kurfürsten Rücksicht nehmen, nur zu berechtigt gewesen war. Alle
Kurfürsten lehnten die Kombination ihrer Zusammenkunft mit einem Reichs-
tag ab, über dessen Notwendigkeit sie vielmehr erst bei ihrer Zusammenkunft
befinden wollten106. Ottheinrich gebärdete sich zudem als Hüter kurfürstlicher
Traditionen, indem er verlangte, den Kurfürstentag nur an einem der seit alters
dafür gebräuchlichen Orte zu veranstalten107. So kostete es noch viel Geduld
des Königs, bis endlich Ende November als Tagungsort Frankfurt am Main
(anstelle des von Ferdinand bevorzugten Ulm) allseitige Zustimmung gefunden
und als Termin der 20. Februar 1558 (statt Epiphanias) festgelegt war108.
Der Frankfurter Staatsakt: Die Proklamierung Ferdinands zum Kaiser
Daß Karl V. sich mit dem Gedanken trug, auch im Reich zu resignieren, war im
Herbst 1556 unter Reichsständen kein Geheimnis mehr. In seiner Ansprache
anläßlich seiner Abdankung als König von Spanien im Januar 1556 hatte er
durchblicken lassen, er habe schon in jungen Jahren daran gedacht, so bald wie
möglich die Herrschaft an Ferdinands Nachkommen weiterzugeben109. Aus der
Wendung in seinem Abschiedsschreiben an die Kurfürsten, er hätte ihnen die
102 Philipp an F., 25.7.1557 (CDI 2, S. 484–486); der Hinweis auf den Stufenplan S. 486. Die zweite
Bestätigung in Philipps Schreiben v. 21.11.1557 (ebda, S. 505f).
103 BHStA München, Kurbayern ÄA 4386, fol 66r-68v: „Ain copi der Ku.W. zu Engellandt ent-
schuldigung des kaiserthumbs halb und sonst“ (v. 31.12.1557); mit dem Vermerk „von H.D.
Seld“.
104 SHStA Dresden, Loc 10192, fol 219–222: Instruktion Ferdinands v. 30.6.1557 für Hassenstein
zur Werbung bei Kurfürst August
105 Ernst, Bw. 4, S. 389–391: Bericht Ottheinrichs an Herzog Christoph über Zasius’ Werbung am
2.8.57
106 Belege bei Leeb, Reichstagsgeschehen, S. 238 Anm. 6; vgl. Bucholtz 7, S. 402f.
107 Bucholtz 7, S. 403
108 Mitteilung der letzten Änderungen an Ottheinrich am 27.11.1557 bei Ernst, Bw. 4, S. 454 Anm.
1; an Philipp II. in CDI 2, S. 507f
109 Mayr, S. 147 u. S. 156
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien