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Kapitel 3: Die Übernahme des Kaisertums
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Majestät derwegen wol ein Zureden haben“132. Der Kanzler des Mainzer Erzbi-
schofs unterstrich schon in seinen die erste Besprechung einleitenden Bemer-
kungen den Unterschied, „das kays. instruction allein beruhe auf der resignati-
on kaiserthums von Kaiser uf konig“, während in der Ansprache Ferdinands
„die sachen per konig an churfursten gestelt“ wäre133. Nachdem sich die Herren
darüber geeinigt hatten, daß sie in dieser Angelegenheit persönlich gefordert
waren, statt sie ihren Räten zu überlassen134, zeichnete sich schon in ihren er-
sten Stellungnahmen zur Sache am 28. Februar ab, daß niemand die Abdankung
grundsätzlich ablehnte. Sorgen bereitete es ihnen hingegen, bei diesem bisher
beispiellosen Vorgang die kurfürstliche Sonderstellung („Präeminenz“) gebüh-
rend zu wahren, wobei der Gedanke mitspielte, die ganze Handlung könne zu
einem Präzedenzfall werden; in diesem Zusammenhang wurde auch Kritik laut,
daß Karl diese Abdankung weniger feierlich inszeniert habe als die in seinen
Erblanden. Obwohl Ottheinrich und Joachim II. dafür plädierten, die Annah-
me der Resignation schon jetzt zu beschließen, einigte sich das Kollegium recht
schnell auf den vom Trierer Kurfürsten eingebrachten Vorschlag, bei der kai-
serlichen Gesandtschaft nachzufragen, ob man den Kaiser nicht doch noch dazu
bewegen könne, im Amt zu bleiben oder wenigstens den Titel weiterzufüh-
ren135. Einvernehmen bestand auch, Ferdinands Zustimmung zu dieser Anfrage
einzuholen; das von Trier dazu vorgetragene Argument, als einer der sieben
Kurfürsten sei Ferdinand mit angesprochen, war wohl weniger gewichtig als die
Überlegung, ihn nicht zu brüskieren. Der König erhob keine Einwände. Da er
wußte, wie die Antwort der Gesandten ausfallen würde, kam der Schritt der
Kurfürsten seiner Taktik sogar entgegen, gemeinsam mit ihnen Interesse am
Verbleiben Karls im Kaisertum zu demonstrieren.
Die Begründung für ihre Rückfrage, es sei „von einsatzung der churfürsten
hievor“ keine Resignation eines Kaisers vorgekommen, und die Formulierung,
ob die Gesandten vielleicht weitere Vollmachten hätten, „daruf die churfürsten
sich zu getrösten, das bey der Kay. Mt. zu erlangen“, ganz oder teilweise auf die
Abdankung zu verzichten136, signalisierte wahrlich keinen Widerstand gegen
des Kaisers Absicht. Man könnte erwägen, den Schritt der Kurfürsten lediglich
als Akt der Höflichkeit zu bewerten; dafür spricht auch, daß schon in ihrem
Kreis gegen die Anfrage eingewandt worden war, der Kaiser habe sich ja nicht
einmal von Ferdinand umstimmen lassen137. Jene Passage in Ferdinands Rede
hatte also Eindruck gemacht. Jedenfalls war es nun für Karls Vertreter leicht, im
132 So in dem Bedenken der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg (Altmann, Vorgehen, S. 334,
Nr. 11)
133 HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 137r/v
134 Moser, Kayser, S. 613
135 HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 140v-147v: Protokoll zum 28.2.; ebda 3, fol 23r/v: Beschrei-
bung der Vorgänge; Moser, Kayser, S. 613f
136 HHStA MEA WuKA 4, fol 19r-20v (Konz.); ebda, RK Rig 36, fol 8v-9r; Druck bei J.W. Hoff-
mann 1, S. 30f.
137 Die Deutung der Rückfrage durch Venedigs Vertreter, diejenigen Kurfürsten, die von Frank-
reich abhängig wären, hätten nur den Verzicht auf die Administration genehmigen wollen, war
abwegig (VD 3, S. 14ff).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien