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Der Frankfurter Staatsakt: Die Proklamierung Ferdinands zum Kaiser 237
zu Ferdinand hielten sie daran fest, daß ihr Einverständnis für den Vollzug des
außergewöhnlichen Thronwechsels von wesentlicher Bedeutung sei.
Ferdinand ließ jene letzte Erklärung der Kurfürsten auf sich beruhen. Ebenso
vermied er eine eingehende Auseinandersetzung mit den neuen Formulierungen
in der Obligation. Sowohl die Verpflichtung auf den Augsburger Reichstagsab-
schied als auch die sonstigen Änderungen nahm er widerspruchslos hin. Nur
das Verlangen der Kurfürsten nach Sonderbehandlung auf den Reichstagen
lehnte er mit der Begründung ab, das könnte den Anschein erwecken, er und
die Kurfürsten hätten sich hier zur Erlangung eigener Vorteile auf Kosten der
anderen Stände verständigt, was sich für ihrer aller Ansehen schädlich auswir-
ken würde179. Die Kurfürsten waren klug genug, hier nicht zu insistieren und
damit das so problemlos erreichte, für sie sehr günstige Gesamtergebnis sicher-
zustellen.
Als reine Formsache behandelten beide Seiten dagegen den Wunsch Ferdi-
nands, ihn an allen einschlägigen Stellen der Obligation als „erwählter römi-
scher Kaiser“ zu bezeichnen. Gegen seine Ankündigung, sich „von wegen des
tittls und stili in etlich wenig wortten one verenderung der substannz“ mit der
Mainzer Kanzlei ins Benehmen setzen zu wollen180, gab es keine Einwände.
König und alle Kurfürsten hatten also keine Bedenken, die Vergabe eines Titels
zu okkupieren, den zu führen den zum deutschen König Erwählten bislang von
Päpsten gestattet worden war – so zuletzt von Papst Leo X. 1520 dem jungen
Karl V. Nur Maximilian I. hatte selbständig in feierlicher Proklamation 1508 in
Trient eben diesen Titel angenommen, weil seiner Kaiserkrönung seitens des
Papstes immer wieder Hindernisse in den Weg gelegt worden waren181. Doch
hatte Julius II. sich beeilt, den Titel zu bestätigen, wodurch der von Maximilian
beabsichtigten Demonstration die Spitze genommen worden war182. Bei Karl V.
war die päpstliche Erlaubnis schon während der Feierlichkeiten im Zusammen-
hang mit seiner Königskrönung in Aachen bekannt gegeben worden183. – Als
die Kurfürsten ein paar Tage später über die Ausgestaltung der Feierlichkeiten
diskutierten, kam von Trier – also von katholischer Seite – der Vorschlag, der
dann realisiert worden ist, in ihrem Namen Ferdinand öffentlich „als kaiser zu
proclamieren“ bzw., wie Kurfürst Johann in einer späteren Umfrage präzisierte,
„als ein erwölter romisch kaiser“184. Der Deutung Dotzauers, in diesem Titel
sei ein Indiz für vordringende protestantische romfreie Kaiservorstellungen zu
II. am 5.3.: „Eingang ist man einig der verpessert wurde, das der also zu fassen, das er churf.
preeminentz mehr zugebe dan in der instruction gemeldet“ (ebda, fol 205r).
179 HHStA Wien, RK Rig 36, fol 22v; J.W. Hoffmann 1, S. 43; eine Passage zitiert Luttenberger,
Kurfürsten, S. 60 Anm. 171
180 J.W. Hoffmann 1, S. 43. In HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 46r/v befindet sich eine Liste, in
der die Korrekturwünsche des Königs zusammengestellt sind, die in dem Mainzer Konzept (fol
26–43) dann auch eingetragen worden sind. Schrift und der Dorsalvermerk (fol 47v) „Dem
Herrn Maintzischen Canzler zuzustellen“ sichern m.E. die Herkunft aus Ferdinands Kanzlei.
181 Dazu Wiesflecker, Kaiserproklamation, S. 18 u. 21–23; Auszug aus Maximilians Erlaß bei Zeu-
mer, Quellensammlung, S. 307
182 Wiesflecker, Kaiserproklamation, S. 25 mit Anm. 53
183 Vgl. Goldast, Reichshändel, S. 154, A. Schulte, S. 85, Brandi, Karl V. Bd. 1, S. 102
184 HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 216r bzw. fol 229r
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien