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Kapitel 3: Die Übernahme des Kaisertums
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habe, „wie, auch mit was solemnitet solcher actus resignationis beschehen
möchte“196. Sie selbst hatten zu diesem Zeitpunkt noch kein konkretes Pro-
gramm erörtert. Ferdinand, weiterhin darauf bedacht, daß der Kaiser als Initia-
tor der Vorgänge bewußt bleibe, empfahl, bei Karls Gesandtschaft nachzufra-
gen, ob sie dafür Weisungen habe. Die Kurfürsten nutzten die Gelegenheit, um
auch gegenüber den kaiserlichen Vertretern zu betonen, daß die Resignation
„auf Rath und Bewilligung der Churfürsten“ vollzogen würde197. Nachdem
sich ergeben hatte, daß Karl V. keine weiteren Weisungen für die Durchführung
des Staatsaktes erteilt hatte, ließ Ferdinand den Kurfürsten einen sehr kurzen
und schlichten Ablauf vorschlagen: Man solle im Chor des Bartholomäus-
Doms ein Gerüst errichten, auf dem König und Kurfürsten am Nachmittag um
2 Uhr im Ornat „in gepurlicher session“ Platz nehmen sollten, um die kaiserli-
che Botschaft anzuhören. Darauf wollte Ferdinand seine Annahme der Kaiser-
würde verkünden lassen. Mit dem Gesang eines Te Deum sollte die Handlung
beendet werden198.
Noch einmal wird deutlich, daß Ferdinand, obwohl er schon früh eingesehen
hatte, daß die Kurfürsten nicht auf eine einfache Akklamation beschränkt wer-
den konnten, den konstitutiven Faktor für seine Übernahme des Kaisertums
nicht in ihrer Zustimmung sah, sondern in seinem durch seine Königswahl von
1531 begründeten Nachfolgeanspruch. Ebensowenig konnte er ein Interesse
daran haben, durch die Zeremonie an eine Wahl zu erinnern. Wäre sein Pro-
gramm durchgeführt worden, wäre die kurfürstliche Beteiligung für die Öf-
fentlichkeit auf ihre positive gutachtliche Äußerung zur Übernahme des Kai-
sertums bei Lebzeiten Karls beschränkt geblieben.
Das aber war den Kurfürsten entschieden zu wenig, und so nutzten sie Fer-
dinands höfliche Bemerkung, er stelle seinen Vorschlag in ihr ferneres Beden-
ken, gründlich aus. Schon in ihrer Aussprache über die Empfehlung Ferdi-
nands, Karls Gesandtschaft zu befragen, war klar gewesen, daß die Mehrheit
nicht gewillt war, den feierlichen Akt von den Vorstellungen der Habsburger
prägen zu lassen199. Wie unsicher man eigentlich war, zeigt die Äußerung des
Erzbischofs Daniel von Mainz, er wolle sich kundig machen, wie es nach dem
Tode Kaiser Friedrichs III. zugegangen wäre, obwohl der Fall eigentlich nicht
vergleichbar sei. Um die kurfürstliche Mitbestimmung betonen zu können,
schlugen Trier und Köln nun vor, sich an dem Verfahren zu orientieren, das
sonst nach vollzogener Wahl stattzufinden pflegte: Ein öffentliches Auftreten
der Kurfürsten im Ornat und eine durch Mainz vorzunehmende Proklamation
Ferdinands zum Kaiser. Das fand die Zustimmung von Sachsen und Branden-
burg, die allerdings als gottesdienstlichen Rahmen nur ein Te Deum und keine
196 J. W. Hoffmann 1, S. 45
197 J.W. Hoffmann 1, S. 47 (zum 9.3.1558)
198 HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 223v: „und wen ire Mt daruf antwurten lassen und die digni-
tet angenomen, das alsdan Te deum laudamus gesungen wurde, und also der Actus zuende“
(Aus dem Protokoll zum 9.3.1558).
199 Zum folgenden HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 216r-219v: Protokoll zum 9.3.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien