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Kapitel 3: Die Übernahme des Kaisertums
1556/58244
nannte Ferdinand also den Wunsch des Kaisers und die Empfehlung der Kur-
fürsten als die seine Entscheidung bestimmenden Gründe und dankte beiden
für das in ihn gesetzte Vertrauen. Seine Erklärung schloß mit der Bitte an die
Kurfürsten, ihn jederzeit mit Rat und Tat zu unterstützen, und der Zusage, ihre
Beratung suchen zu wollen. Da er ihnen bereits eine Woche zuvor einen länge-
ren Vortrag über mehrere wichtige reichspolitische Fragen hatte halten las-
sen215, war von ihm der erste Schritt zur Verwirklichung solcher Konsultierung
bereits getan.
Die anschließend vom Mainzer Domdechanten Johann Andreas Mospach
von Lindenfels auf Befehl der Kurfürsten verlesene Proklamation216 stellte zu-
nächst die Korrektheit der Nachfolge Ferdinands fest, weil er von ihren Amts-
vorgängern für den Fall der Erledigung des Kaisertums zum „künftigen Kaiser“
gewählt worden sei217. Das entsprach dem Dekret der Kurfürsten zur Wahl von
1531. Danach wurde erklärt, die Kurfürsten hätten die Gründe des Kaisers ab-
zudanken als erheblich anerkannt und sodann aus ihrer „wal gerechtigkeit“ dem
Römischen König Ferdinand „alls zuvor erwelten kunfftigen Kaiser“ das von
Karl innegehabte kaiserliche Amt „gegonnet“. Nachdem der König auf ihren
„rath, consensus und beschehen ersuchen und pit“ das Amt angenommen habe,
befahlen sie, von nun an „Herrn Ferdinanden, geweßen Römischen Kunig ... alls
einen erwellten Romischen Kaiser zu eren“. Sie stellten also das Kurfürsten-
kollegium als die sowohl Abdankung wie auch Nachfolge prüfende und billi-
gende Instanz heraus.
Zum Abschluß nahm Ferdinand Huldigungen entgegen und vollzog einige
Ritterschläge. Auch diese Programmpunkte, gewissermaßen erste herrscherliche
Akte, waren von den Kurfürsten zur Erhöhung der Feierlichkeit angeregt wor-
den. Der Gesang des Te Deum und von Ferdinands Beichtvater, dem Bischof
von Laibach, gesprochene Gebete bildeten den gottesdienstlichen Teil218.
Da in der Forschung gelegentlich das Gegenteil behauptet worden ist, sei
hier noch einmal festgehalten: Es kann keine Rede davon sein, daß Ferdinand
1558 „noch einmal, und zwar zum Kaiser, gewählt wurde“219. Weder im Vor-
feld noch während der Frankfurter Tagung ist der Vorgang als Wahl betrachtet
worden220. In ihren vorbereitenden Überlegungen haben die Kurfürsten von
Sachsen und Brandenburg vielmehr ausdrücklich festgestellt, „weil die Romi-
sche königliche Majestät albereit hie bevor durch alle Churfursten zu einem
Romischen Könige angenommen, daß es jetziger Zeit keiner andern Whal be-
215 Dazu unten S. 246ff
216 HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 104r-106v; Abschriften ebda, RK Rig 36, fol 31v-32v u. RTA
41; Druck bei J.W. Hoffmann 1, S. 58–60; vgl. dazu Kleinheyer, S. 78
217 Interessant ist, daß aus dem Entwurf der Proklamation ein Passus gestrichen worden war, die
Kurfürsten hätten damals die Wahl „auf Ersuchen des Kaisers“ vorgenommen.
218 Also keine gänzlich „entsakralisierte säkulare Feier“ (so Neuhaus, Von Karl V., S. 437). Ein
anschließendes Bankett mit den anwesenden Fürsten erwähnt der Gesandte Venedigs (VD 3, S.
18).
219 So Reuter-Pettenberg, S. 9; dgl. G.J. Kugler, Reichskrone, S. 105
220 So auch Neuhaus, Von Karl V., S. 437
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien