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Der Frankfurter Staatsakt: Die Proklamierung Ferdinands zum Kaiser 245
durfe“221. Folgerichtig hat das Kurkolleg in der Proklamation und ebenso in der
„Gratulatio“222 ausdrücklich die Gültigkeit der Wahl Ferdinands von 1531 und
als Konsequenz seine Nachfolge auf Karl V. festgehalten223. Immer wieder ist in
Frankfurt die Einzigartigkeit und Beispiellosigkeit der Handlung betont wor-
den, für die keine präzise Bezeichnung gefunden wurde224. Vier Jahre später
betonte Kurfürst Daniel von Mainz während der Beratung der Präliminarien
für die Wahl Maximilians, der Frankfurter Staatsakt von 1558 sei „für kain
wahlsache zu achten, auch kain wahlhandlung alda tractiert“; es sei ein „rarus et
insolitus casus“ gewesen, der „sonst im reich gar ynn kainer ubung“225. Die
enge Anlehnung an die Goldene Bulle beim Staatsakt selbst war – wie gezeigt –
die Reaktion der Kurfürsten auf die ihre Mitwirkung bei diesem Thronwechsel
vernachlässigende Position der Habsburger; zugleich wollten sie für einen
eventuellen Wiederholungsfall Vorsorge treffen226.
Ebensowenig kann in dem Umstand, daß Kurfürst Joachim in der Kurka-
pelle, also unter Ausschluß der Öffentlichkeit, Ferdinand eine Krone aufs
Haupt gesetzt hat, der – allerdings nicht weiterentwickelte – Ansatz zu einer
„Kurfürstenkrönung“ gesehen werden227. Der Brandenburger nahm hier ledig-
lich die Gelegenheit wahr, seines Amtes als Erzkämmerer während eines
höchstrangigen gemeinsamen Auftritts von König und Kurfürsten zu walten228.
221 Altmann, Vorgehen, S. 334 Ziff. 12 (Hervorhebung dort); auch zitiert bei Neuhaus, Von Karl V.,
S. 439
222 HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 108r/v; RK Rig 36, fol 33r
223 Wenn Reuter-Pettenberg, S. 12 dazu bemerkt, „ein Satz, der im Grunde genommen die Wieder-
holung der Wahl überflüssig erscheinen läßt“, lastet sie den Kurfürsten unlogisches Verhalten
an, statt die Folgerung zu ziehen, daß ihre eigene Deutung als Wahl falsch ist.
224 Es ist m.E. wenig hilfreich, etwas typologisch einzuebnen, was die Zeitgenossen als einmalig
betrachtet haben. Vgl. dazu auch den bei Janssen, S. 66 Anm. 1 zitierten Brief von Petrus Martyr
an Calvin v. 21.4.1558: „Inauguratio novi Imperatoris, forma et ratione insolita et hactenus inau-
dita...“
225 HHStA Wien, RK WuKA 3 (neu), fol 325r-337r: Bericht der kaiserlichen Räte Graf Helfenstein
und Zasius v. 4.4.1562 (das Zitat fol 329v)
226 Der Gedanke kehrt immer wieder; vgl. das Votum Triers am 5.3.: „da vielleicht konig auch
kunfftiglich resignieren wolte, dem eingedenk zu sein“ (HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 200r);
ähnlich Sachsen (fol 201v); Sachsen am 10.3.: „daß, soviel möglich, der Gulden Bull, sonderlich
der Wahlgerechtigkeit nachgegangen, bevorab künftiger Fäll halben, damit die Nachkommen
sich zu richten“ (zitiert bei Kleinheyer, S. 151).
227 So Dotzauer, Ausbildung, S. 64. Dotzauer setzt in seinen Beiträgen den Akzent falsch, wenn er
meint, es sei „letztlich allein“ auf die Einwilligung der protestantischen Kurfürsten und Fürsten
in den Thronwechsel angekommen (ebda., S. 63). Es war auch nicht primäre Zielsetzung der
Protestanten in Frankfurt, die Erhebung Ferdinands gegen kuriale Intervention abzusichern;
Drohgebärden des Papstes haben sie als irrelevant abgetan.- Abwegig ist die Bemerkung von H.
Goetz in NB I 17, S. LXII, Frankfurt sollte „zum ersten Mal eine Kaiserkrönung erleben“.
228 Der Verfasser der Mainzer Beschreibung der Frankfurter Vorgänge wußte das sehr genau. Nach
seinem Bericht ist Joachim II., sowie er sein Habit angelegt hatte, „zu der kön. Mt. gegangen
dieselbig ire Mt. als des heiligen reichs ertzcammerer beclaiden zu helffen und irer churfl. gn.
ambt inn dem zu versehen“ (HHStA Wien, MEA WuKA 3, fol 50r); nachdem alle Kurfürsten
zum König in die Kurkapelle gekommen waren und Ferdinand die Obligation beschworen hat-
te, setzte Joachim „als ertzkamerer“ ihm die „Kön. kron von goldt“ auf, dann nahm er das
Szepter vom Tisch, August von Sachsen als Erzmarschall das Schwert und der Erzküchenmeister
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien