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Erfolglose Sendung zu Paul IV. 259
Es hat nicht den Anschein, daß Paul IV. für die differenzierten Überlegungen
seiner Kommission empfänglich gewesen ist24. Für Ferdinand kam, nachdem
der die politischen Geschäfte der Kurie leitende Kardinalnepot Carlo Caraffa in
einem Privatschreiben ihm zur Kaisererhebung gratuliert hatte25, die barsche
und beharrliche Zurückweisung durch den Papst doch wohl überraschend. Da
im Mai der Nuntius Agustin ohne Angabe von Gründen abberufen worden
war, entfiel die Möglichkeit, durch Gespräche in Wien nach einer Brücke zu
suchen26. Am Wiener Hof wurde einerseits kolportiert, der eben erst von einem
Fieber genesene Kaiser habe aus Kummer über das Verhalten des Papstes einen
Rückfall erlitten27, während andererseits König Maximilian gelassen kommen-
tierte, die Affaire sei ohne Bedeutung und werde nur dem Ansehen des Papstes
schaden28. Es nützte nichts, daß Philipp II., den Pacheco über den Zwist infor-
miert hatte, in Rom mit einer Laudatio auf Ferdinands katholische Gesinnung
und einer Rechtfertigung von dessen Verhalten beim Frankfurter Staatsakt in-
tervenierte und in Wien seine Vermittlung anbieten ließ29. Ende Juni wurde
Gúzmans Anregung genehmigt, zur Wahrung des kaiserlichen wie seines per-
sönlichen Ansehens seine sofortige Abreise anzukündigen30. Daraufhin ließ sich
Paul IV. noch zu einem Empfang in Anwesenheit von ein paar Kardinälen her-
bei, so daß Gúzman seine Instruktion in der Hauptsache vortragen konnte.
Aufgrund seiner guten Kontakte zu Pacheco sind ihm sicher auch die Ferdi-
nands Eignung anfechtenden Punkte bekannt gewesen, jedoch hatte Ferdinand
ihm auferlegt, sich in keiner Weise dazu zu äußern31. Gúzman scheute sich aber
nicht, auf das Anachronistische der päpstlichen Haltung hinzuweisen, indem er
erklärte, er bete darum, daß sein Herr nicht der letzte Kaiser sein möge, der
dem Heiligen Stuhl Reverenz erweisen wolle. Er wurde mit dem vagen Be-
scheid entlassen, die Sache „sei wichtig und schwer“, der Papst könne noch
nicht Stellung nehmen32. Bis zuletzt mußte der Gesandte des Kaisers vor Rang-
verletzungen auf der Hut sein und schließlich darum ersuchen, ihm die Beför-
24 Vgl. den bei Heine, S. 7, zitierten Brief Pachecos an Philipp II. vom 10.7.1558. Der Ansicht von
Bosbach, Papsttum, S. 46, Paul IV. sei auf Grund dieser Gutachten zu seiner „wohl überlegten
und vorbereiteten“ Entscheidung gekommen, die er sich „nicht leicht gemacht“ habe, kann ich
nicht folgen.
25 Maurenbrecher, HZ 32, S. 266 Anm. 1
26 NB I 17, S. LXV. Der damals im Auftrage Philipps II. gerade in Wien eingetroffene Bischof von
Aquila, Quadra, behauptete, die Abberufung sei als Demonstration der Nichtanerkennung Fer-
dinands als Kaiser gemeint und außerdem damit begründet worden, der Papst könne nicht an ei-
nem Hof vertreten sein, an dem häretisch gepredigt werde (CDI 98, S. 14). Fichtner, Disobe-
dience, S. 28 u. 29, wertet sie als Abbruch der diplomatischen Beziehungen, was übertrieben er-
scheint.
27 So Quadra (s. vorige Anm.); eine plötzliche Erkrankung Ferdinands im Juni 1558 ist mehrfach
belegt (Ernst, Bw. 4, S. 525f; VD 3, S. 35; Goetz, Wahl, S. 52f).
28 VD 3, S. 37 (Bericht v. 25.6.1558)
29 Tellechea, S. 268ff; vgl. Schmid, S. 22f; das Vermittlungsangebot im Schreiben an F. v. 15.7.1558
(CDI 98, S. 23)
30 Gúzmans Anregung schon in Quadras Bericht v. 13.6.1558 (CDI 98, S. 17); die Weisung meldete
er am 3.7.1558 (ebda, S. 19).
31 Bericht Quadras v. 13.6.58 (CDI 98, S. 16); referiert bei Heine, S. 5
32 So in Ferdinands Schreiben an den Erzbischof von Mainz (wie Anm. 10).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien