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Kapitel 5: Der Reichstag in Augsburg
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Mehrheit149. Zasius nahm das zum Anlaß, bei dem Austausch der Voten mit
dem Kurfürstenrat am 13. Juli den Reichsständen noch einmal ins Gewissen zu
reden, indem er, wie die hessischen Vertreter notierten, als Sprecher des Für-
stenrates dessen Mehrheitsbeschluß „nicht simpliciter referiert ..., sondern ein
lange predig gemacht mit vielen persuasionibus ... wan die kay. Mt. uff disen
ihren ersten reichstag in ihrem kaysserthumb keyn verwilligung geschehen
solte“, werde ihm das bei jedermann zur Verachtung gereichen, „sonderlich
beym turcken, Moskobiter und andern“150. Doch erntete er mit diesem Verstoß
gegen die Usancen überwiegend Mißfallen.
Das zweite Ständebedenken zur Türkenhilfe erfüllte die Erwartungen Ferdi-
nands nur in sehr geringem Maße151. Er wurde aufgefordert, seine Bemühungen
um Unterstützung durch die anderen christlichen Herrscher fortzusetzen. Der
„Vorrat“ wurde wieder abgelehnt. Dagegen sollte ihm gestattet sein, die ver-
bliebenen und die noch ausstehenden Gelder aus der in Regensburg bewilligten
Hilfe zu Befestigungsmaßnahmen zu verwenden; außerdem sollten für diesen
Zweck je 100000 Gulden in den nächsten drei Jahren aufgebracht werden. Das
waren insgesamt 200000 Gulden weniger, als der Fürstenrat hatte zur Verfü-
gung stellen wollen; die Reichsstädte waren mit der niedrigeren Summe sehr
einverstanden gewesen152.
Ferdinand sah ein, daß es aussichtslos war, auf beiden Anträgen zu insistie-
ren. Mit der Bemerkung, seines Erachtens wäre die Unterhaltung von Kriegs-
volk für die Bewahrung des Friedens am nützlichsten, zog er diesen Teil seines
Antrags zurück, um im Gegenzug eine Verdoppelung des „Baugeldes“ zu ver-
langen153. Das Hilfserbieten der Stände für den Notfall eines neuen Krieges
müsse deutlicher formuliert werden. Die Überlassung der Regensburger Rest-
mittel nahm er zwar dankend an, verknüpfte damit aber die Klage, daß viele
Stände zahlungsunwillig seien und nicht einmal reagierten, wenn der Reichsfis-
kal beim Reichskammergericht Anzeige gegen sie erstatte. Seine geringen Erfol-
ge bei auswärtigen Potentaten erklärte er damit, jene hätten wegen ihrer eigenen
Kriege nicht geholfen, und einige hätten ein Bündnis mit dem Türken – das
wußten die Stände natürlich selbst. Abschließend wies er darauf hin, daß eine
wesentliche Ursache für die Friedensbereitschaft des Sultans der Aufstand eines
seiner Söhne – Bajezid – sei154. Diese Mitteilung sollte natürlich die Stände
nachdenklich machen, wie trügerisch die derzeitige Ruhe sein konnte155.
149 HStA Marburg, PA 1276, fol 74v-77v: Protokoll (Konzept) zum 11.7 und 13.7.1559
150 Ebda, fol 80v/81r
151 HHStA Wien, RK RTA 42, fol 398r-400r: 2. Ständebedenken zur Türkenhilfe, v. 20.7.1559
152 HStA Marburg, PA 1276, fol 84r: Protokoll (Konzept) zum 18.7.1559
153 HHStA Wien, RK RTA 42, fol 402r-408r: 2. Kaiserliche Resolution v. 22.7.1559 zur Türkenhilfe
154 Das muß dem Kaiserhof schon längere Zeit bekannt gewesen sein (Õontar, S. 180 mit Anm. 75);
Seld hat die Information erstmals Ende Juni zusammen mit anderen Nachrichten über angebli-
che Bedrängnisse des Sultans vertraulich an Hundt weitergegeben (Mayer, S. 243).
155 Außerdem informierte Ferdinand die Stände über eine neue Verletzung des Waffenstillstandes
(HHStA Wien, RK RTA 43, fol 225r-226r: Warnsdorf an Maximilian, Augsburg, 24.7.1559).
Zum Verlauf der Kämpfe in der Türkei, die eigentlich ein Streit zwischen zwei Söhnen des Sul-
tans um die Thronfolge waren, vgl. Jorga, S. 128ff. Busbecqs Berichte dazu referiert Martels, S.
232ff.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien