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Kapitel 6: Religiöse Eintracht und Reform der
Kirche378
Wenige Tage, bevor Ferdinand dieses Monitum absandte, war in Trient die
Translation des Konzils nach Bologna beschlossen worden135, durch die der
habsburgischen Reunionspolitik ein folgenreicher Schlag versetzt wurde. Die
Verpflichtung der Protestanten zur Anerkennung des Konzils wurde dadurch
ungemein erschwert. Alle Versuche des Kaisers, Paul III. zur Kassierung des
Beschlusses zu bewegen, scheiterten. Auch Ferdinand wies den Papst auf die
negativen Folgen der Verlegung für die Lösung der Religionsfrage im Reich hin
und machte deutlich, daß die Rückkehr nach Trient Voraussetzung für die Be-
teiligung der Deutschen sei136.
Die Gründe für eine interimistische Regelung im Reich nahmen dadurch an
Gewicht noch zu, und Ferdinand drängte im Vorfeld und während des Augs-
burger Reichstages 1547/48 immer wieder in diese Richtung. Karl V. wandte
sich erst im Frühsommer dem Problem wieder zu und forderte weitere Gut-
achten an. Eine Arbeit Pflugs kam Überlegungen Ferdinands am nächsten und
traf sich mit Granvellas Meinung, der Ausgleich sei am leichtesten durch Ver-
handlungen auf einem Fürstenkonvent zu erreichen137. Der Kaiser berief so-
dann etliche Theologen zu sich, die im August in Augsburg vertrauliche Bera-
tungen begannen, aber bis zur Eröffnung des Reichstages am 1. September of-
fenbar noch kein Ergebnis vorlegen konnten138. Nach Ansicht Ferdinands ging
der Kaiser aber nicht entschlossen genug vor. Am 18. August mahnte er den
Bruder, den Reichsständen deutliche Vorgaben zu machen und keinen Spiel-
raum für lange Verhandlungen zu lassen139. Seine Vertreter wies er an, die kai-
serliche Religionspolitik voll zu unterstützen, vor allem darin, daß das Konzil
„nit falle, sonder seinen furgang ... habe und behalte und mitlerweil ain cristenli-
che reformation im heillgen reich aufgericht und gehalten werde, biss das sölich
concilium sein geburendt endtschaft erlanget“140.
Seine Räte taten, was in ihren Kräften stand, um die Anfang des Jahres ap-
probierte Konzeption voranzutreiben. Gienger, der mit der Ausarbeitung eines
Entwurfes für die Proposition betraut wurde, konzipierte den Abschnitt zur
Religionsfrage überwiegend nach der Argumentation des Gutachtens vom Ja-
nuar141: Das Konzil blieb – trotz der Translation – der „ordentliche Weg“ zur
Religionsvergleichung, die Stände sollten aufgefordert werden, sich alle den
Entscheidungen des Konzils zu unterwerfen, der Kaiser sollte nur versprechen,
sich um die Rückkehr nach Trient und einen fairen Verlauf bemühen zu wollen.
Indessen fehlte schon hier die Ankündigung der „christlichen Reformation“,
stattdessen wurde der Rat der Stände erbeten, „wie und wölhermassen mitler
135 Jedin, Konzil 2, S. 354ff
136 NB I 10, S. 11: Bericht Verallos v. 1.6.1547
137 Druck in ARC 5, S. 39–57; ausführliches Referat bei Jansen 2, S. 68–70; vgl. die Inhaltsangabe
bei Luttenberger, Glaubenseinheit, S. 429f.
138 Rabe, Reichsbund, S. 193f. Der päpstliche Nuntius wußte Anfang September 1547 von dieser
theologischen Arbeitsgruppe (NB I 10, S. 101).
139 „proposer les choses aux estats si resolutes quilz puissent comprendre l’intention de sad. mate. et
nayent occasion de prolixes et dilatoires consultations“ (zitiert nach Rabe, Reichsbund, S. 199
Anm. 12).
140 ARC 5, S. 64–69: Instruktion Ferdinands für seine Räte, Prag, 26.8.1547; das Zitat S. 65
141 ARC 5, S. 78–83: Entwurf Giengers für die Proposition; die Passage zur Religion S. 80
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien