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Letzte Phase der Vorbereitungen 423
Protestanten den Verdacht erregen, hier werde ein Bündnis der katholischen
Mächte angestrebt. Ferner fragte Ferdinand, wie die Konzilsväter dazu gebracht
werden könnten, mit den Irrenden sanft umzugehen. Dieses Anliegen war es,
weshalb Ferdinand davon absah, Canisius oder einen anderen Jesuiten als
theologischen Berater seiner Konzilsgesandtschaft zu berufen – Canisius hat
längere Zeit damit gerechnet46 –, weil sie einerseits bei Konzessionen härter als
nötig, andererseits im Blick auf Reformen der römischen Kurie zu sehr geneigt
seien, sie der Zukunft zu überlassen47.
Gienger riet von besonderen Verhandlungen mit den Herrschern ab, obwohl
er einräumte, ohne Druck seitens der weltlichen Mächte sei es noch nie zu Re-
formen gekommen48; da aber die Reform der Kirche in der Berufungsbulle mit
deutlichen Worten angesprochen werde, brauche der Kaiser keine Bedenken zu
haben, seine Vertreter beim Konzil darauf drängen zu lassen, und es sei ratsam,
ihnen deshalb die Pflege guter Kontakte mit den Konzilsgesandten der anderen
Mächte aufzutragen49. Die kaiserlichen Botschafter bei den Königen könnten
auf der Basis des Memorandums vom Vorjahr tätig werden. Für das andere
Problem Ferdinands hatte Gienger großes Verständnis, erklärte aber nüchtern,
der Kaiser wisse selbst, daß die Anhänger der Augsburgischen Konfession nicht
gewillt seien, am Konzil teilzunehmen; eine praktikable Empfehlung hatte er
nicht zu bieten.
Die Idee gemeinsamen Handelns zugunsten der Reform gab Ferdinand nicht
sogleich auf. Durch Gúzman ließ er Philipp II. eine Kopie der Konzilsinstruk-
tion zustellen, um dessen Unterstützung bei seinem Verlangen nach einer Re-
form der ganzen Kirche zu erhalten, und bat ihn zu erwägen, ob und wann
beide gemeinsam darüber mit Frankreich verhandeln sollten50. Schon in dieser
Weisung ist nur noch von der Reform als Frucht des Konzils die Rede. Daß
Ferdinand persönlich die Hoffnung auf eine Sinnesänderung der Protestanten
allmählich aufgab, während er an der Priorität von Reformen und Konzessio-
nen festhielt, dokumentiert die Antwort, die er Ende Januar 1562, kurz nach
dem Wiederbeginn in Trient, auf ein „Bedenken“ seiner Innsbrucker Räte er-
teilte: Allzu viele Früchte seien von diesem Konzil wohl nicht zu erwarten,
denn die Beratung der dogmatischen Fragen werde schwerlich dazu führen, daß
die „Widerwerttigen“ ihre Meinung aufgeben würden, und die Katholiken be-
dürften deswegen keines Konzils. „Daneben aber so seind vill frumer
guetthertziger Christen diser Maynung, wa durch Mittl aines Concilij in denen
Artikheln die nit precise Juris divini sunder positivi seyen ain Milterung gefun-
den, unnd uber solchs auch ein nottwendige ernstliche Reformation fürnemb-
lich des Gaistlichen Stannds angestellt werden möchten, das solches zu erhald-
tung unnserer waren allten Christlichen Religion nit allain bey denen, die
46 Braunsberger 2, S. 684f u. S. 782f: Briefe Polancos an Canisius v. 20.7. u. 10.12.1560; ebda 3, S.
21: Canisius an Lainez, 19.1.1561
47 HHStA Wien, RK RelA 6, fol 72r-74v: F. an Gienger, 28.12.1561; Auszug bei Sickel, Konzil, S.
249f
48 Sickel, Konzil, S. 246ff: Gienger an F., 15.12.1561
49 Die Instruktion wurde durch diesen Punkt ergänzt (Sickel, Konzil, S.260).
50 Sickel, Konzil, S. 250f: F. an Gúzman, 24.12.1561
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien