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Die Verhandlung mit Morone 463
stehe über dem Papst330. Die Anfrage bei den Juristen belegt jedoch, daß Ferdi-
nand und sein Vizekanzler sich bewußt waren, mit den referierten Äußerungen
dem eigentlichen Problem ausgewichen zu sein. Konrad Braun beantwortete die
Frage in seinem Gutachten eindeutig zugunsten der Superiorität des Papstes
und lehnte die anderslautenden Dekrete des Konstanzer Konzils ab331. Die
Gegenposition vertrat am entschiedensten eine von Kardinal Guise Ende April
übersandte „Informatio de titulo pontificis“332. Im Grunde durfte sich Ferdi-
nand in seiner Auffassung, jenes Problem besser auszuklammern, bestätigt füh-
len.
Die Erweiterung des Propositionsrechtes beim Konzil wurde dagegen von
allen Gutachten mehr oder weniger energisch vertreten, auch Braun war der
Ansicht, als Vogt der Kirche sei der Kaiser verpflichtet, Reformen zu beantra-
gen, wenn Papst und Kardinäle sie vernachlässigten333, wovon Ferdinand und
seine engsten Mitarbeiter ja überzeugt waren. Staphylus’ Bejahung fiel erheblich
deutlicher aus, er meinte sogar, bei Verweigerung sollten Kaiser und Könige
einen Vorwand suchen, um das Konzil abzubrechen334. Und Cordoba nahm das
ressentierte Schreiben der beiden verbliebenen Konzilslegaten Hosius und Si-
monetta, in dem sie die im „offenen Brief“ enthaltene Kritik am Präsidium zu-
rückgewiesen und behauptet hatten, die Ausweitung werde das Konzil in ein
Chaos stürzen335, zum Anlaß, ein Propositionsrecht der Väter aus dem Apo-
stelkonzil (Apg. 15) herzuleiten und im jus divinum zu fundieren336. Endlich
ließ sich einem neuen Bericht Arcos entnehmen, daß Pius IV. in diesem Punkt
einlenken würde, um Ferdinand in der Frage der Superiorität auf seine Seite zu
bekommen337.
Ein neues kaiserliches Positionspapier wurde indessen vor der Ankunft Mo-
rones nicht erarbeitet. Maßgebend blieben demnach die in den beiden Briefen
vom 3. März vorgetragenen Grundgedanken.
Die Verhandlung mit Morone
Der neue Konzilspräsident stellte sich dem Plenum in Trient am 13. April mit
einer kurzen Ansprache vor, in der er einerseits versicherte, der Papst wünsche
nichts mehr, als die Gebrechen der Christenheit zu heilen, insbesondere durch
Reinigung der Glaubenslehre von Häresien, Hebung der Sitten und Abstellung
der Mißbräuche, andererseits aber betonte, dem Stellvertreter Christi müsse
Gehorsam geleistet werden. Er ermahnte die Väter, Streit über für den Glauben
330 NB II 3, S. 249
331 Rößner, S. 140f
332 Druck bei Constant, Légation, S. 48ff; vgl. Jedin, Konzil 4/2, S. 20. Die Benennung stammt von
Seld.
333 Rößner, S. 216f; Bäumer, Braun, S. 123
334 Staphylus’ Gutachten in HHStA Wien, RK RelA 10 Konv. April, fol 11r-29r; ein 26 Positionen
umfassender Auszug Selds in Stichpunkten gedruckt bei Sickel, Konzil, S. 494.
335 Druck bei Raynaldus 34, S. 328ff
336 Ganzer, Reformer, S. 326; Jedin, Konzil 4/2, S. 15
337 Sickel, Konzil, S. 470f: Arco an F., 23.3.1563
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien