Seite - 464 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Bild der Seite - 464 -
Text der Seite - 464 -
Kapitel 7: Kaiser Ferdinand und die dritte Tagungsperiode des
Tridentinums464
unnütze Fragen zu unterlassen, und stellte klar, daß er sich an den Vorgaben
des Papstes orientieren werde338. Drei Tage später brach er nach Innsbruck auf.
Ferdinands Vertreter in Trient waren von Morones ersten Erklärungen ent-
täuscht und betrachteten seine Reise zum Kaiser mit gemischten Gefühlen339.
Anscheinend glaubten sie selbst, was sie als in Trient verbreitete Meinung mel-
deten: Morone werde sich vor allem bemühen, die Zustimmung des Kaisers zur
Verlegung des Konzils nach Bologna zu erhalten340. Aus seinen Äußerungen bei
Antrittsbesuchen hörten sie ganz richtig heraus, daß der neue Legat in den
strittigen Fragen die kuriale Position vertrat. Ferner war ihnen aufgefallen, daß
er in seiner Antrittsrede keine konkreten Aussagen zu Reformen gemacht hatte.
Eiligst übersandten sie den Text der Ansprache, damit Ferdinand und Maximi-
lian sich noch vor Morones Ankunft selbst ein Bild machen könnten, und er-
laubten sich die Warnung, je freundlicher der Kaiser dem Kardinal entgegen-
käme, desto härter und schwieriger würden nachher ihre Verhandlungen über
die Reformen werden. Aufgrund eines Gerüchtes, der Kaiser wolle gleich nach
Ostern von Innsbruck abreisen, hatten sie schon zehn Tage vorher geschrieben,
viele gutgesinnte Prälaten befürchteten davon verheerende Folgen für das Kon-
zil341; wenn sie jetzt auf die im „offenen Brief“ enthaltene Perspektive verwie-
sen, der Kaiser werde zum Konzil kommen, wodurch bei vielen Menschen
große Hoffnungen auf einen glücklicheren Verlauf des Konzils geweckt worden
seien, war das ein Appell an ihren Herrn, an den darin bezogenen Positionen
festzuhalten342.
Morone traf am 21. April in Innsbruck ein und blieb dort drei Wochen. Er
bestand darauf, die Gespräche unter vier Augen zu führen. Ferdinand tat ihm
den Gefallen, obwohl er nicht zur Geheimniskrämerei vor seinen Mitarbeitern
neigte343. Natürlich verzichtete er nicht darauf, sich mit ihnen zu beraten344,
und verbindliche Antworten erteilte er in keiner der jeweils mehrere Stunden
dauernden Unterredungen345.
Die Ausführungen Morones demonstrierten ihm, daß der Papst und seine
Berater an der Kurie, Morone eingeschlossen, nicht gewillt waren, die in den
338 CT 9, S. 472f u. CT 3, S. 604; vgl. Jedin, Konzil 4/2, S. 12; Constant, Légation, S. XLVII
339 Zum folgenden ihr Bericht v. 16.4.1563 (Sickel, Konzil, S. 487ff; vgl. Kassowitz, S. 185f)
340 Auch der Stadthauptmann zu Trient richtete deswegen am 17.4.1563 eine Anfrage an Ferdinand
(HHStA Wien, RelA 10, Konv. April, fol 150r-151v).
341 HHStA Wien, RK RelA 10 Konv. April, fol 43r-45r: Oratoren an F., 6.4.1563. Ferdinand de-
mentierte am 12.4., weil ja erst Morone käme (ebda, fol 70r/v); da er keinen Termin nannte, lasen
die Oratoren heraus, er werde gleich danach abreisen.
342 Da Brus sich über Ostern nach Prag begeben hatte, dürfte Draskovich der spiritus rector des
Schreibens gewesen sein.
343 „Mich bedeucht der Cardinal selbs hab solche gehaim begert, dann was sonst die Kay. Mt.
betrifft, hatt fürwar ir Mt. irer handlungen gar kainen scheuch“, schrieb Seld an Herzog Al-
brecht (BHStA München, KÄA 4308, fol 146r/v: eigh. Brief v. 13.5.1563) und fügte bissig hinzu:
„Aber die Römische leutt mögen villeicht nitt allweg das liecht so gar wol leiden.“
344 Im Geheimen Rat ist in mehreren Sitzungen über die Morone zu erteilenden Antworten gespro-
chen worden.
345 „non havendo anco risposta dalla Mtà sua, la quale per l’importanza dei negotii ha preso tempo
da pensarvi“ (Constant, Légation, S. 46ff: Morone an seine Kollegen in Trient, 24.4.1563, das
Zitat S. 47).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien