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Kapitel 7: Kaiser Ferdinand und die dritte Tagungsperiode des
Tridentinums504
Ferdinands Geheimer Rat beschloĂ am 3. November in Frankfurt am Main
nach Besprechung der Gutachten auf Vorschlag von Seld, die RatschlÀge Gien-
gers zu befolgen und die Ansichten der Erzbischöfe von Mainz und Trier zur
Frage des Laienkelchs, aber auch allgemein zu Reformen zu erkunden590. Von
nun an strebte Ferdinand zur Besserung der ZustÀnde in der Kirche im Reich
gemeinsames Vorgehen mit den zuverlÀssig katholischen Metropoliten und dem
Herzog von Bayern an. Doch fĂŒhrten die Beratungen mit den beiden geistlichen
KurfĂŒrsten in Frankfurt â vermutlich aus Zeitmangel â zu keinem Ergebnis. So
lud Ferdinand sie einen Monat spÀter ein, sachverstÀndige RÀte an seinen Hof
abzuordnen, damit man, um weiterem Abfall vom katholischen Glauben im
Reich vorzubeugen, geeignete Schritte fĂŒr Reformen und Konzessionen â eben
den Laienkelch, ferner ModalitĂ€ten einer Heiratserlaubnis fĂŒr Priester â ĂŒberle-
gen könne591. Indessen reagierten die rheinischen Erzbischöfe mit allerlei Ein-
wÀnden, und Ferdinand, den die Konzilskrise in Anspruch nahm, verschob die
Konferenz592.
An der Kurie registrierte man mit Verwunderung das Ausbleiben eines kai-
serlichen Antrages593. Ein solcher Schritt hÀtte indessen die Kooperation mit
Spanien zur Forcierung der Reformen belastet, denn Philipp II. erhob beim
Papst grundsÀtzliche EinwÀnde und lieà auch Luna in Innsbruck gegen diese
Konzession Stellung nehmen594. Ferdinand gab sich groĂe MĂŒhe, seinem Nef-
fen zu erklĂ€ren, warum die VerhĂ€ltnisse in seinen Erblanden, Bayern, JĂŒlich
und andernorts im Reich das ZugestÀndnis des Abendmahls sub utraque er-
heischten, bestritt aber zu Recht, eine allgemeine EinfĂŒhrung angestrebt zu
haben595. Ferner ist zu beachten, daĂ Herzog Albrecht zu dieser Zeit in Rom
mit seinem Alleingang erfolglos geblieben war, einen Indult zum Gebrauch des
Kelches fĂŒr Bayern zu erhalten. Pius IV. schob die ZustĂ€ndigkeit des Konzils
vor und seine Verpflichtung, das Wohl der gesamten Christenheit bedenken zu
mĂŒssen596. Die Vertröstung, er wolle das Problem mit dem Kaiser erörtern,
wenn sie einander in Bologna trÀfen, war ein Ablenkungsmanöver und keine
Ermutigung fĂŒr eine Initiative des Kaisers. Im April legte Ferdinand sich aus
âsehr gewichtigen GrĂŒndenâ fest, die Kelchfrage beim Papst nicht zur Sprache
zu bringen, solange das Konzil andauerte597. In die nach Morones Abreise aus
Innsbruck zusammengestellte Liste der unerledigten Reformforderungen wurde
die Abendmahlsfrage bei den noch nicht abschlieĂend geregelten dogmatischen
590 HHStA Wien, RHRP 20b; zitiert bei Hopfen, S. 197
591 HHStA Wien RHRP 18, fol 110v/111r; Inhalt des Schreibens v. 27.12.1562 bei Bucholtz 8, S.
660f, lÀngere Zitate bei M.I. Schmidt 3, S. 258ff.
592 Constant, Concession 1, S. 421. Dem Erzbischof von Salzburg riet Ferdinand pragmatisch, sich
mit Repressionen gegen Laienkelch und Priesterehe zurĂŒckzuhalten (ebda 2, S. 848).
593 Constant, Concession 1, S. 359f
594 Constant, Concession 1, S. 362ff
595 CDI 98, S. 417ff: Luna an Philipp, 31.3.1563
596 Eingehend dazu Constant, Concession 1, S. 366ff; zum Bescheid des Papstes ebda, S. 372, vgl.
Saftien, S. 35f
597 âcausae gravissimaeâ (HHStA Wien, RK RelA 10, fol 122r: F. an Oratoren, 21.4.1563; erwĂ€hnt
bei Sickel, Konzil, S. 490).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- MĂŒnster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien