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Kapitel 7: Kaiser Ferdinand und die dritte Tagungsperiode des
Tridentinums514
handlungen des Kaisers mit dem Papst befürwortet hätten663 – was eine recht
eigenwillige Auslegung ihrer Haltung war. Doch widersetzte sich ausgerechnet
der Oberhirte für den größten Teil der Erblande und Bayern, der Erzbischof
von Salzburg, der kaiserlichen Politik der Konzessionen. Seine Absicht, erst
eine Provinzialsynode darüber beraten zu lassen, war dem Wiener Hof ein Är-
gernis, denn man sah die ganze Konzeption durch solche „überflüssige Weit-
läufigkeiten und Grübeleien“ in Gefahr664. Herzog Albrecht wurde aufgefor-
dert, seinerseits zugunsten des gemeinsam Erreichten Druck auf den Erzbischof
auszuüben, den man wissen ließ, daß man allein die umgehende Publikation für
angemessen hielt und die Untertanen in Österreich nicht am Empfang des Kel-
ches hindern werde665. Als auch Delfino zugunsten der habsburgischen Auffas-
sung intervenierte, lenkte der Salzburger ein, ohne auf die Synode zu verzich-
ten666.
Nachdem das Konzil seine vordringliche Aufgabe, die Weichen für die
Überwindung der Glaubensspaltung zu stellen, nicht gelöst hatte, sah Ferdi-
nand die letzte Möglichkeit, das weitere Vordringen der „neuen Religion“ und
in ihrem Gefolge eine immer stärkere Zersplitterung in viele „Sekten“ aufzu-
halten667, darin, die Bevölkerung in den noch katholischen Reichsteilen in jenen
ihr so wichtig erscheinenden Punkten zufriedenzustellen: Das Abendmahl sub
utraque, das er für seine eigene Person niemals in Betracht gezogen hat, und die
Lockerung des Priesterzölibats sollten die Voraussetzungen schaffen, um die
Menschen auf sanfte Weise wieder auf den rechten Pfad zu bringen, nämlich
durch Belehrung mit Hilfe eines Katechismus, der vornehmlich die Gemein-
samkeiten zwischen katholischer Lehre und den in der Confessio Augustana
niedergelegten Auffassungen herausarbeiten sollte668. Diese Aufgabe stellte Seld
im Namen des Kaisers einer am 20. April 1564, also vor Eintreffen der den Lai-
enkelch genehmigenden Breven, eröffneten Konferenz einiger Theologen, zu
der auch Herzog Albrecht zwei Vertreter abgeordnet hatte669. Durch seine
persönliche Anwesenheit – zusammen mit Maximilian – verlieh der inzwischen
oft bettlägerige Ferdinand dem Auftrag besonderes Gewicht670. Ausdrücklich
663 Constant, Concession 2, S.975f: F. an Pius IV., 17.6.1564 (eine Passage auch in NB II 4, S. 139
Anm 1); ergänzend dazu Delfinos Bericht v. 15.6.1564 (ebda, S. 138f). Delfino hatte eine probe-
weise Zulassung nur in Österreich und Bayern vorgeschlagen (NB II 4, S. 119ff: Delfino an Bor-
romeo, 9.5.1564).
664 So Zasius’ grimmiger Kommentar (BHStA München, KÄA 4298, fol 157v/158r: Brief v.
12.7.1564 an Herzog Albrecht).
665 BHStA München KÄA 4231, fol 224r/v u. fol 226r-227r: Schreiben Ferdinands v. 18.7.1564 an
Herzog Albrecht sowie (als Anlage) an den Erzbischof von Salzburg (gedruckt NB II 4, S. 180
Anm. 2 bzw. S. 180f)
666 NB II 4, S. LXIVf
667 Diese Entwicklung sah er als zwangsläufig an; vgl. Laubach, Mahnschreiben, S.107.
668 Der von Ferdinand ein Jahrzehnt zuvor so positiv aufgenommene Katechismus von Canisius
hatte diese Aufgabe nicht zu erfüllen vermocht.
669 Gedruckt NB II 4, S. 107f; ergänzend dazu der Bericht des bayerischen Vertreters Eisengrein v.
22.4.1564 (ebda, S. 104ff); die folgenden Zitate S. 108
670 Maximilian nahm für sich in Anspruch, den Vater durch „tägliche Vermahnungen und Unter-
bauungen“ dahin gebracht zu haben, den bedrängten Gewissen der Bevölkerung „Trost und
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien