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Kapitel 9: Die Sicherung der Nachfolge im
Reich572
de. Es sollte festgelegt werden, daß Maximilian, dem der Kaiser ein glänzendes
Zeugnis ausstellte, neben einem künftigen Kaiser Philipp als Römischer König
fungieren sollte, übrigens mit der Begründung, daraus könne man ersehen, daß
nicht beabsichtigt sei, das Reich in der Familie des Kaisers erblich zu machen6.
Da die Mitteilungen an die Kurfürsten auch in seinem Namen erfolgten, hatte
sich Ferdinand mithin öffentlich auf Maximilian als Prätendenten für das Kai-
sertum festgelegt. Dies festzuhalten ist wichtig, um die späteren Spekulationen –
als Maximilians Sympathie für den evangelischen Glauben ruchbar wurde –, ob
Ferdinand statt seines Ältesten einen anderen Sohn als seinen Nachfolger zu
präsentieren gedächte, angemessen beurteilen zu können.
Zweifellos ist die These richtig, daß weder er noch sein Sohn die Abmachun-
gen vom März 1551 „innerlich akzeptiert“ haben7. Gescheitert ist die „Spani-
sche Sukzession“ jedoch an der ablehnenden Haltung der Kurfürsten, die sich
dabei im Einklang mit der im Reich vorherrschenden Stimmung befanden8. Mit
seinen Einwänden gegen das Projekt hatte Ferdinand die politische Lage offen-
sichtlich richtiger eingeschätzt als Karl. Trotz mehrmaliger Versicherungen, er
fühle sich in seinem Gewissen an die beschworenen Verträge gebunden9, ist in
den Jahren zwischen Passauer Vertrag und Augsburger Reichstag Ferdinands
Bestreben nicht zu übersehen, dem kaiserlichen Bruder zu verdeutlichen, daß
die Nachfolge Philipps im Reich mit großen Risiken verbunden und im Früh-
jahr 1551 eigentlich eine Fehlentscheidung getroffen worden sei10. In den Mel-
dungen, die er dabei verwertete, war auch davon die Rede, bei etlichen Kurfür-
sten sei Maximilian viel angesehener11 – das gab Ferdinand aus guten Gründen
dem Kaiser nicht weiter. Karl räumte gelegentlich zwar ein, keine rechten
Chancen für die Verwirklichung seines Planes zu sehen, doch förmlich zurück-
gezogen hat er ihn nie12. Es war Philipp, der von sich aus im August 1555 den
Wiener Verwandten mitteilen ließ, er verzichte auf die Nachfolge im Kaisertum
zugunsten Maximilians und sei bereit, den Vetter nach Kräften zu unterstüt-
zen13. Die vertragliche Bindung, welche die österreichischen Habsburger 1551
hatten eingehen müssen, war damit außer Kraft gesetzt14. In den Verhandlun-
gen zwischen Ferdinand und Karl, durch welche die Übergabe des Kaisertums
vorbereitet wurde, hat sie keine Rolle mehr gespielt.
Zumindest in der Umgebung Philipps scheint der Gedanke noch weiterge-
lebt zu haben, es wäre besser, wenn er der Nachfolger Ferdinands im Kaiseramt
6 Lanz, Staatspapiere, S. 465ff
7 So Lutz, Christianitas, S. 85
8 Die Reaktionen der Kurfürsten zielten auf Verschleppung der Angelegenheit; vgl. Druffel 1, S.
672ff u. S. 722f (Pfalz bzw. Sachsen); Gachard, Charles-Quint, Sp. 822f (Mainz); Lanz, Corr 3,
S. 83 (Köln).
9 Turba, Beiträge 2, S. 11 mit Nachweisen
10 Vgl. Kapitel 1, S. 45f
11 Vgl. z.B. NB I 16, S. 289
12 Turba, Beiträge 2, S. 71
13 Maurenbrecher, HZ 50, S. 18 Anm. 2; vgl. Lutz, Christianitas, S. 408
14 So zutreffend Turba, Beiträge 3, S. 275
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien