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Kapitel 9: Die Sicherung der Nachfolge im
Reich574
im Kaisertum an23. Als er dann 1561 bei den Kurfürsten sondieren ließ, legte er
größten Wert auf die Feststellung, er sei von mehreren angesehenen Ständen –
später ergänzte er: beider Religionen – aufgefordert, ja gedrängt worden, zum
Wohle des Reichs für eine Regelung der Nachfolge zu seinen Lebzeiten zu
sorgen; man möge nun nicht glauben, „daß wir durch diese Handlung und Be-
förderung dem heiligen Reich an desselben Libertät, Hoheit und Reputation
und Ihren Liebden samt Ihren Mit-Churfürsten an Ihrer Präeminentz, Würde
und löblicher alter Herkommen und Gerechtigkeiten ichtes im wenigsten zu
schmälern oder abzubrechen“ gedächten24. Diese toposhaften Wendungen keh-
ren in den späteren Stadien der Vorverhandlungen immer wieder und wurden
nochmals in den Ausführungen Ferdinands zur Eröffnung des Frankfurter
Wahltages am 30. Oktober 1562 vorgetragen25. –
Als Philipps Verzichtleistung auf die Nachfolge im Reich am Hofe Ferdi-
nands eintraf, war das Verhältnis des Königs zu seinem ältesten Sohn nicht
mehr ungetrübt. Ferdinand machte sich seit einiger Zeit Sorgen, Maximilian
könne sich vom katholischen Glauben abwenden und „den neuen Secten erge-
ben“. In einem umfangreichen, an alle drei Söhne gerichteten Mahnschreiben,
das er während des Augsburger Reichstages verfaßt hat, sprach er seinen Älte-
sten, „der am maisten wirdt haben zu regiern“, deshalb besonders an und
warnte ihn vor den Folgen für sein Seelenheil26. Wie weit Maximilians Neigung
zum Luthertum letztlich gegangen ist, kann hier nicht erörtert werden27. Sicher
ist, daß er sich seit 1553 für die Schriften der Reformatoren interessierte28 und
daß er eine Überwindung der innerevangelischen Lehrstreitigkeiten begrüßt
hätte29, zumal sein Vater die Uneinigkeit der „Neuerer“ und die Jahrhunderte
alte Einheit der katholischen Kirche als Argumente für das Bekenntnis zu letz-
terer einzusetzen pflegte30. Die Bemühungen Ferdinands, den Sohn durch
theologische Belehrung auf den in seinen Augen allein richtigen Weg zurück-
zubringen, und das Aufbegehren Maximilians gegen die väterliche Kritik, die
längere Zeit vor allem seinem Hofprediger Pfauser galt und gelegentlich wohl
von Drohungen gegen diesen Mann begleitet wurde, haben anscheinend zu
23 Eine Anregung des Markgrafen Hans von Küstrin im Herbst 1558 wurde von Ferdinand aus-
weichend behandelt (Mollwo, S. 536), denn sie kam viel zu früh.
24 Aus der Instruktion vom 13.10.1561 für die Werbung bei den rheinischen Kurfürsten (Moser,
Wahlkapitulation, S. 552f); in Ferdinands Schreiben v. 21.10.1561 an August von Sachsen heißt
es, er habe sich bewußt zurückgehalten, „damit es nicht das Ansehen hätte, als ob wir D. Lieb
und den andern Ihren Mit-Churfürsten vorzugreiffen und das heilig Reich erblich zu machen
uns unterstehen wollten“ (ebda, S. 563).
25 HHStA Wien, MEA WuKA 5/1, fol 39v; gedruckt bei J. W. Hoffmann 2, S. 322f
26 Vgl. Kapitel 1, S. 94 Anm. 359; das von Holtzmann, S. 248, gebotene Zitat ist nicht ganz korrekt:
Ferdinand möchte lieber „den tod sehen“ als einen Abfall Maximilians erleben.
27 Das Problem hat mehrere Historiker beschäftigt; vgl. die einschlägigen Arbeiten von Reimann,
Maurenbrecher, Hopfen, Holtzmann, Bibl, Mecenseffy und Rudersdorf.
28 Bibl, Frage, S. 365
29 Dazu seine Briefe an Herzog Christoph bei Ernst, Bw. 4, S. 487, 525, 542.
30 Vgl. dazu Laubach, Mahnschreiben, S. 95 u. S. 107f
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien