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Die Vorbereitung der Wahl 597
dung für die Tagung zu kommen176. Erzbischof Daniel, der bislang einen
Reichstag favorisiert hatte, gab zwar jetzt seine Zustimmung zu dem Kurfür-
stentreffen177, aber gegen die kaiserlichen Vorstellungen von der Ausschreibung
machte er Bedenken geltend. Er scheute sich, das dem Mainzer Kurfürsten in
der Goldenen Bulle zugestandene Einberufungsrecht extensiv auszulegen und
dadurch vor seinen Kollegen einen Teil der Verantwortung für die Ansetzung
der Königswahl mitzutragen178; keinesfalls mochte er sich Angriffen aussetzen,
wie sie sein Amtsvorgänger im Jahr 1530 anläßlich der Einladung zur Königs-
wahl Ferdinands hatte hinnehmen müssen179. Ferdinand schwebte ursprünglich
eine gemeinsame Einladung vor, weil er ja zusammen mit Maximilian an dem
Kurfürstentag teilnehmen wollte, der dadurch einen anderen Charakter be-
kommen mußte als eine Konferenz, auf der die Herren unter sich Probleme des
Reiches besprachen, wie es ihre 1558 erneuerte Einung vorsah. In der vom
Mainzer Kurfürsten zu erlassenden Einberufung wünschte er eine gewisse Ver-
bindlichkeit für die Teilnahme und deutlichere Ausrichtung auf die Wahl. In-
dessen war es für ihn ein maßgeblicher Gesichtspunkt, keinerlei Ansatz für
Proteste zu bieten, darum sollten seine Gesandten flexibel verhandeln180. Ihre
erste Gesprächsrunde mit Erzbischof Daniel brachte noch keine Lösung der
Probleme. Nach eingehender Diskussion des Verfahrens bei den letzten ver-
gleichbaren Zusammenkünften der Kurfürsten (in den Jahren 1486, 1518, 1530
und 1558) und Konsultation der verfügbaren Akten wollte der Kurfürst dem
Wunsch des Kaisers zwar trotz seiner Bedenken nachkommen, erklärte sich
aber außerstande, einen ganz sicheren Weg anzugeben, und warnte, der Kaiser
dürfe in seinem eigenen Schreiben die Wahl keinesfalls erwähnen, sonst werde
er „eine kleine disputation ja confusion verursachen“. Helfenstein und Zasius
erkannten, daß der Kurfürst die Verantwortung abwälzen wollte, mußten sich
aber damit begnügen, einen Entwurf zur Begutachtung nach Prag schicken zu
dürfen181.
Dort hatte man inzwischen genaue Informationen, wie sich die Kurfürsten
von Sachsen und Brandenburg die Einberufung vorstellten, und war entschlos-
sen, sich daran zu orientieren. Danach sollte der Mainzer Erzbischof zu einem
Treffen aufgrund der Kurfürsteneinung einladen, und der Kaiser sollte in einem
ergänzenden Schreiben seine Anwesenheit ankündigen; ausdrücklich ließ Kur-
fürst August davor warnen, das Schreiben des Mainzers als Wahl-Zitation zu
stilisieren182. Ferdinand setzte seine Unterhändler am Rhein umgehend von den
Voten der beiden Kurfürsten in Kenntnis183; nach Eingang ihrer Berichte über
176 Dazu eingehend Luttenberger, Kurfürsten, S. 102ff
177 Moser, Wahlkapitulation, S. 635: Bericht Helfensteins u. Zasius’ v. 2.4.1562
178 Vgl. zu den Rechtsfragen Trusen, Kurmainz, zu 1562 bes. S. 135f
179 Kursachsens Kritikpunkte aus dem Jahr 1530 erörtert Kohler, Antihabsburgische Politik, S.
177f.
180 Das ergibt sich daraus, daß den Gesandten zweimal Änderungen nachgeschickt worden sind.
181 HHStA Wien, RK WuKA 3, fol 325r-337r: Zasius und Helfenstein an F., Koblenz, 4.4.1562
182 Moser, Wahlkapitulation, S. 711ff: Resolution Augusts auf die jüngste kaiserliche Werbung v.
24.3.1562; ebda, S. 719ff: Bericht über die Antwort Joachims II.; ebda, S. 723ff: Karlowitz an
Seld, 27.3.1562 (eine Erläuterung der Vorschläge Augusts).
183 Ebda, S. 726ff: F. an Helfenstein und Zasius, 31.3.1562
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien