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Spannungsabbau in Europa statt katholischer Ligaprojekte 621
bedurfte er sicher nicht, wohl aber dürften die Bemühungen Pauls IV. bzw. des
Kardinalnepoten Carlo Caraffa, ihrerseits die Vermittlung in die Hand zu neh-
men, Ferdinands Bereitschaft erhöht haben, denn die päpstliche Absicht be-
trachtete er mit Mißtrauen17. Die Vorteile für das Reich und für Ferdinands
eigene Interessen, die Zasius im Vorjahr angeführt hatte, waren weiterhin gül-
tig. Herzog Albrecht von Bayern bestärkte Ferdinand und erklärte sich bereit,
persönlich als sein Gesandter bei den Königen von Spanien und Frankreich
aufzutreten, ja sogar einen Teil der Reisekosten auf sich zu nehmen, denn die
Absicht, einen Sohn Ferdinands mit dieser Mission zu betrauen, erregte Beden-
ken, weil direkte Kontakte zwischen Wien und Paris bei König Philipp Miß-
trauen hervorrufen könnten18. Seld arbeitete ein mehrseitiges Gutachten aus,
welche Gesichtspunkte bei einer Vermittlung berücksichtigt werden müßten19.
Andererseits hegte Ferdinand Zweifel, ob Philipp II. daran interessiert sei20.
Eine Anfrage, bei der Ferdinand eine Anregung von etlichen Reichsfürsten als
Motiv vorgeschoben haben dürfte, wurde von Philipp dann negativ beantwortet
mit den vordergründigen Argumenten, Frankreich werde Ferdinand als Ver-
mittler ablehnen, weil er nicht unparteiisch sei, und er seinerseits würde sich für
Angelegenheiten des Oheims dazu auch nicht bereitfinden, weil er sich „als ein
part neben uns“ betrachte21. Wie wenig Ferdinand mit dieser Entscheidung
einverstanden war, die er gleichwohl akzeptieren mußte, geht daraus hervor,
daß er Philipp deutlich zu verstehen gab, jenen Einwand habe man in seinem
eigenen Beraterkreis auch gesehen, weshalb er davon Abstand genommen habe,
persönlich als Vermittler fungieren zu wollen, aber die englische Königin könne
dann für ebenso parteiisch erklärt werden; er fügte hinzu, nun werde eine große
Chance verpaßt, das Prestige des Hauses Habsburg wie auch sein eigenes als
künftiger Kaiser zu vermehren, vor den Gegnern Solidarität zu demonstrieren
und in eine vorteilhaftere Position im Kampf mit den Türken zu gelangen22.
Der Frieden von Cateau-Cambrésis ist bekanntlich ohne Beteiligung des neuen
Kaisers ausgehandelt worden.
Während Papst Paul IV. durch seine Politik in der katholischen Welt polari-
sierend gewirkt hat, nahm sein Nachfolger Pius IV. nicht nur alsbald den Ge-
danken auf, das Trienter Konzil fortzusetzen, er verfolgte daneben Pläne, die
17 Maximilian schrieb am 21.12.1557 an Herzog Christoph, der gerade in Wien anwesende päpstli-
che Notar „ermant ier mt., das sie woltn gueter furderer sain, damit auch ain frid mochte ge-
troffen werden zwischen Engellant und Frankraich“, und der Vater sei dieses „nutzlich werk ...
zu promoviern gantz genaigt“ (Ernst, Bw. 4, S. 459). NB I 17 enthalten nichts über eine derartige
Demarche des Internuntius Linterius (S. LVI).
18 Goetz, Beiträge, S. 94ff: Zasius an F., 13.12.1557; vgl. Goetz, Bayerische Politik, S. 103f
19 BHStA München, KÄA 4296, fol 405–412 (eigh.): „Verzeichniß, worauf die güttlich under-
handlung zwischen König Philipsen ... und dem König von Frankreich ungevarlich steen
möcht“, undatiert. Erwähnt bei Lutz, Christianitas, S. 482 mit Anm. 228. Ob der Auftrag von
Ferdinand oder von Albrecht gekommen ist, ist nicht erkennbar, letzteres angesichts der Über-
lieferung wahrscheinlicher.
20 Das ergibt sich aus einer Bemerkung von Zasius (Goetz, Beiträge, S. 99 Anm. 3).
21 So die Mitteilungen, die Ferdinand über die – eigenhändige – Antwort Philipps an Albrecht
gelangen ließ (BHStA München KÄA 4386, fol 103r-107r: Instruktion für Zasius v. 9.1.1558;
kurze Inhaltsangabe bei Goetz, Beiträge, S. 99).
22 CDI 2, S. 509ff: F. an Philipp, 12.1.1558
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien