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Südostpolitik 631
polnische König Sigismund August II. (1548–1572) sich in einem Freund-
schaftsvertrag (2. Juli 1549) nicht nur bereitfand, zwischen seinem Neffen und
Ferdinand zu vermitteln, sondern sich auch verpflichtete, die Zapolya nicht
gegen Ferdinand zu unterstützen, falls jene die angebotenen Konditionen ab-
lehnen sollten98. Es war das erste greifbare Ergebnis der Bemühungen, die Be-
ziehungen zu Polen zu pflegen, die bis dahin nach Ferdinands Urteil enttäu-
schend unergiebig gewesen waren99. Um Rückhalt bei der christlichen Groß-
macht in Ostmitteleuropa zu gewinnen, war Ferdinands älteste Tochter Elisa-
beth 1538 mit dem Kronprinzen Sigismund August verlobt und 1543 vermählt
worden100, doch war die junge Frau schon nach zwei Jahren gestorben. Als
politischer Schachzug war die Ehe schon entwertet worden, als 1539 die polni-
sche Prinzessin Isabella den Woiwoden Johann Zapolya geheiratet und nach
dessen Tod den Erben Johann Sigismund geboren hatte, der alsbald die Protek-
tion des Sultans erhielt. –
Nach langwierigen Verhandlungen glückte es, Isabella und ihren Sohn im
Vertrag von Weißenburg, der am 19. Juli 1551 unterzeichnet wurde, zum Ver-
zicht auf die ungarische Krone und Siebenbürgen zu bewegen; sie wurden mit
schlesischen Herzogtümern und Pensionen abgefunden, dem Prinzen wurde
eine Ehe mit der erst vierjährigen Erzherzogin Johanna, der jüngsten Tochter
Ferdinands, in Aussicht gestellt101. Seitens der Zapolya wurden damit die An-
sprüche Ferdinands auf ganz Ungarn anerkannt102.
Dennoch ging Ferdinands Rechnung nicht auf. Schon die Verhandlungen,
erst recht aber den Einmarsch seiner Truppen in Siebenbürgen betrachtete der
Sultan als Bruch des Vertrages von 1547103. Die Türken eröffneten 1552 die
Feindseligkeiten wieder, eroberten Temesvár und bedrohten Siebenbürgen104.
Obwohl Ferdinand mit Herberstein einen seiner erfahrensten Diplomaten nach
Krakau schickte, gelang es nicht, Sigismund August von Polen zur Beteiligung
an der Abwehr zu bewegen105. Ferdinands Vertreter und Parteigänger in Sie-
benbürgen verstanden es auch nicht, die Mehrheit der Magnaten dauerhaft für
seine Herrschaft zu gewinnen106. Erschwerend kam hinzu, daß Isabella, die sich
übervorteilt fühlte, schon nach kurzer Zeit Absichten erkennen ließ, nach Sie-
benbürgen zurückzukehren, zumal Ferdinand mit seinen vertraglichen Zahlun-
98 Übersberger, S. 258; Zivier, S. 495
99 Druffel 1, S. 186: F. an Karl, 2.1.1549
100 Tyler, S. 98; Übersberger, S. 253f
101 Huber, Verhandlungen, S. 4f; Zivier, S. 509 spricht von einer Verlobung.
102 Kann, S. 49
103 Schaendlinger, S. 40f; ein weiterer Vorwurf war die Unterlassung der Zahlung im Frühjahr 1551,
weswegen Ferdinands Gesandter in Haft genommen wurde; vgl. Komatsu, S. 129 Anm. 31.
104 Jorga, S. 40ff
105 Zivier, S. 517; Picard, S. 117f
106 Überdies ließ sein Befehlshaber Castaldo im Dezember 1551 den einflußreichen Bischof Georg
Utjesenovich (meist „Bruder Georg“ genannt), der maßgeblichen Anteil am Zustandekommen
des Vertrages von Weißenburg gehabt hatte, umbringen, weil er ihm verräterische Kontakte zu
den Türken unterstellte (Huber, Erwerbung, S. 530f). Ob Ferdinand den Mord angeregt hat,
müßte m.E. neu geprüft werden, die Mitteilungen zur Überlieferung bei Bucholtz 7, S. 269,
mahnen zur Vorsicht.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien