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Südostpolitik 633
chen Fürsten in Siebenbürgen tolerieren, seine Restitution sei Voraussetzung
für den Frieden mit Ferdinand115. Drei Monate später berichtete sein Gesandter
in Polen, Erasmus Haydenreich, die Türken hätten Isabella die Rückgabe von
Temesvár angeboten116. Sowohl Haydenreich als auch Ferdinand selber werte-
ten es als Alarmzeichen, als Isabella und ihr Sohn im Frühjahr in der Nähe der
ungarischen Grenze ihren Aufenthalt nahmen: Der König ließ seinem Schwie-
gersohn vorhalten, wenn ihre Abreise „in regnum nostrum Hungariam aut
Transsylvaniam“ zugelassen würde, würde das nicht nur für diese Provinzen,
sondern auch für die ganze Christenheit und besonders für Polen Gefahren
heraufbeschwören, und auch eine Entführung des Jünglings liege im Bereich
des Möglichen und müsse unbedingt verhindert werden117. Die Anregung sei-
nes Gesandten, verbesserte Angebote könnten die Königin zur Rückkehr nach
Schlesien veranlassen, war kaum noch realistisch und wurde von Ferdinand
zunächst nicht befolgt118. Isabella beantwortete alle Erklärungen ausweichend
und mit Beschwerden über mangelhafte Vertragserfüllung durch Ferdinand119.
Haydenreich kam schließlich zu dem Urteil, daß der polnische Hof ihm jede
Unterstützung versage und die Königin „nimia cupiditate qua de recuperanda
Transylvaniam ardet“120. –
Nachdem er mit Persien wieder Frieden geschlossen hatte, ließ Sultan Sü-
leyman den Gesandten Ferdinands am 2. Juni 1555 schriftlich seine Entschei-
dung übergeben, daß er den Vertrag von Weißenburg nicht anerkenne. Hinzu-
gefügt war die Warnung oder Drohung, wenn der junge Zapolya ins väterliche
Haus zurückkehren wolle, wie er mitgeteilt habe, werde ihm die erbetene Hilfe
gewährt werden. Doch wurde der Waffenstillstand mit Ferdinand nochmals um
sechs Monate verlängert, damit die Gesandten sich neue Weisungen, auch we-
gen der anderen Punkte des Friedens, holen könnten121. Es war eine totale Zu-
rückweisung der Position, die Ferdinand zuletzt im November 1554 in der
Instruktion für seinen neuen Botschafter, den aus Flandern stammenden Hu-
manisten Ogier Gislain de Busbecq, eingenommen hatte122. Gleichzeitig ließ
Süleyman die Stände Siebenbürgens auffordern, die Rückführung Zapolyas ins
Werk zu setzen123.
Ferdinand unternahm gleichwohl im Spätherbst, als seine Beanspruchung
durch den Reichstag in Augsburg entfallen war, einen neuen Versuch, seine
Stellung zu behaupten. Er erteilte einerseits Busbecq den Auftrag, in Konstanti-
nopel dem neuen Großwesir Rustan und dem Sultan nochmals seine Rechts-
auffassung vorzutragen, daß von seiner Seite keine Verletzung des Vertrages
115 HHStA Wien, Polonica 8 Konv. 1, fol 62r-66r: Bericht Haydenreichs v. 26.3.1555
116 Ebda, Konv. 2, fol 51r-52v + 58r: Bericht v. 22.6.1555
117 Ebda, Konv. 1, fol 115r-117r: Weisung an Haydenreich, Augsburg, 4.5.1555
118 Ebda, fol 86r/v (Anregung Haydenreichs v. 18.4.1555), fol 118r-119v (reservierte Reaktion
Ferdinands v. 7.5.1555).
119 So z.B. ebda, Konv. 2, fol 4r-9r
120 Ebda, Konv. 2, fol 142v (im Bericht v. 21.9.1555)
121 Türkischer Wortlaut und moderne deutsche Übersetzung bei Schaendlinger, S. 50ff; eine lateini-
sche Übersetzung bei Laszlo, S. 44ff.
122 Lutz, Christianitas, S. 335f mit Nachweisen
123 Huber, Verhandlungen, S. 38
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien