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Kapitel 10: Kaiser Ferdinand I. im europäischen
Kräftespiel638
Die Rückkehr der Zapolya nach Siebenbürgen war auch durch den Ausbruch
neuer Kämpfe in Ungarn mit den Türken begünstigt worden. Im Juni 1556
begann der Statthalter von Buda eine mehrwöchige Belagerung der Festung
Szigeth (in Kroatien), die sich jedoch halten konnte150. Es wurde bereits er-
wähnt, daß Ferdinand auch deswegen seine Abreise zum Regensburger Reichs-
tag verschieben zu müssen glaubte. Das Erscheinen eines habsburgischen Hee-
res unter dem Kommando von Erzherzog Ferdinand im Spätsommer bewirkte
zwar in militärischer Hinsicht wenig151 – die Türken hatten die Belagerung von
Szigeth bereits abgebrochen –, war aber wichtig, weil dadurch die Bereitschaft
der Herrscherfamilie zum persönlichen Einsatz in Ungarn demonstriert werden
konnte. Die glückliche Verteidigung von Szigeth und die kleinen Erfolge seines
Sohnes ermutigten Ferdinand, gegenüber der Pforte zunächst nicht weiter zu-
rückzustecken152. Sie begünstigten ebenso wie etliche Einfälle der Türken in
Krain153 seine Verhandlungsposition gegenüber den Reichsständen, denen so
plausibel gemacht werden konnte, wie nötig weitere Hilfe zur Stabilisierung der
Grenze sei, zumal nach Meldungen von Agenten aus Konstantinopel alles dar-
auf hindeutete, daß der Sultan für das nächste Frühjahr einen größeren Revan-
chefeldzug in Ungarn vorbereitete154. Der unterblieb zwar schließlich, aber erst
Ende April 1557 kam vom Bosporus eine gewisse Entwarnung155.
Im Juni 1557 nahm der Sultan die Gespräche mit Ferdinands Gesandten wie-
der auf und gestattete Busbecqs Kollegen die Heimreise, um Ferdinand seine
neuen Bedingungen zu überbringen156. Damit war die große Kriegsgefahr vor-
über, wiederum begannen zähe, durch mehrere befristete Waffenruhen ermög-
lichte Verhandlungen über die Erneuerung des Vertrages von 1547157. Kern der
türkischen Forderungen war die Schleifung der Festung Szigeth als habsburgi-
sche Vorleistung158; zudem wurde die umgehende Nachzahlung der 1547 ver-
traglich festgelegten „Pension“ oder „Verehrung“ für die letzten zwei Jahre
verlangt, die Ferdinand wegen des Aufflammens der Kämpfe nicht entrichtet
hatte. Danach sollte ein Frieden auf der Basis des territorialen Status quo, befri-
stet für die Lebenszeit eines der beiden Partner, abgeschlossen werden, wobei
der Grenzverlauf von einer gemeinsamen Kommission festgelegt werden sollte.
Dieser Vorschlag implizierte die Überlassung Siebenbürgens an Johann Sigis-
150 Huber, Geschichte 4, S. 187
151 Auszüge aus seinen Frontberichten bei Bucholtz 7, S. 337ff
152 Seine Gesandten in Konstantinopel wurden umgehend über die Erfolge informiert (Laszlo, S.
203ff u. S. 212ff: Schreiben vom 15.8. u. 9.10.1556).
153 Dazu Rothenberg, S. 37f
154Õontar, S. 174; in dem Aufsatz werden viele Berichte des seit Juli 1556 in der türkischen Haupt-
stadt tätigen Geheimagenten Michael Cernoviì referiert.
155Õontar, S. 175
156 Busbecq, S. 128f = Huussen, S. 112f, v. d. Steinen, S. 91. Busbecq selbst blieb; dahinter stand das
Kalkül, solange Ferdinand an der Pforte vertreten sei, könnte die Zeit zu seinem Vorteil arbei-
ten.
157 Der französische Gesandte an der Pforte gab sich große Mühe, die Verhandlungen zu stören,
erhielt aber zur Antwort, wenn Ferdinand die Waffenruhe beachte, müsse der Sultan es auch
tun; vgl. dazu seine Berichte bei Ribier 2, S. 711f, 725f, 749f, 752f.
158 Schaendlinger, S. 56 (Schreiben v. 13.8.1557)
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien