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Kapitel 10: Kaiser Ferdinand I. im europäischen
Kräftespiel648
härtete sich die türkische Haltung für längere Zeit, insbesondere in der ersten
Hälfte des Jahres 1561 stagnierten die Verhandlungen. Die Nachricht von der
Erdrosselung Bajezids in Persien239 bewog Busbecq schließlich zum Einlenken,
wobei ihm zugute kam, daß der neue Großwesir Ali eine konziliantere Position
einnahm als sein Vorgänger240. Vergleicht man die im Sommer 1562 ratifizierten
Vereinbarungen mit der türkischen Vorlage vom Juni 1559, so sind etliche nicht
unbedeutende Verbesserungen festzustellen, die Busbecq erreicht hat: Den
Habsburgern wurden „Reparaturen“ an den Befestigungsanlagen gestattet, das
galt also nicht als feindliche Handlung. Die Botschafter des Kaisers an der
Pforte erhielten den Status der Unantastbarkeit, nach den langen Arrestzeiten
für Busbecq und seine Vorgänger kein geringer Gewinn. Gütliche Einigung
Ferdinands mit Johann Sigismund Zapolya, den der Sultan entweder „Königs-
sohn“ nennt oder „König von Siebenbürgen“ (aber nicht: „König von Un-
garn“), über Korrekturen des derzeitigen Besitzstandes wurde gestattet. Ferdi-
nand sollte jedoch unterlassen, die von ihm beanspruchten Orte außerhalb Sie-
benbürgens, welche sich im Besitz Zapolyas befanden, mit Gewalt an sich zu
bringen. Die einseitige Ausdehnung des Friedens auf Freunde des Sultans –
Frankreich und Venedig – war entfallen, nur die ihm Tribut leistenden Woiwo-
den der Walachei und der Moldau waren einbezogen241, ebenso aber die zu
Ferdinand übergetretenen siebenbürgischen Adligen. Von Vorteil war schließ-
lich auch, daß die Laufzeit von acht Jahren beibehalten wurde, aber nun vom 1.
Juni 1562 an gerechnet werden sollte242.
Der türkische Offizier, der die kaiserliche Ratifizierung zurückbringen soll-
te, konnte schon nach einer Woche wieder heimkehren. Zwar kam es noch zu
türkischen Übergriffen, aber Ferdinand begnügte sich mit einem Protest bei
dem zuständigen Befehlshaber in Ofen243. Im Oktober des Jahres überreichte
Busbecq persönlich, begleitet von einem türkischen Dragoman, dem Kaiser
während des Frankfurter Kurfürstentages den vom Sultan ausgefertigten Ver-
trag244.
Ferdinand hatte das Treffen mit den Kurfürsten nutzen wollen, um von ih-
nen Zustimmung für eine Reichshilfe zur Bildung einer finanziellen Reserve für
die Verbesserung der Grenzsicherungen in Ungarn zu bekommen. Trotz der
erfreulichen Wendung, über die er sie nun informieren konnte, hielt er an sei-
nem Antrag fest und begründete ihn wie schon früher mit dem Hinweis, man
könne nicht sicher sein, ob die türkischen Grenzkommandanten die Vereinba-
rungen beachten würden, und man solle Hilfsmaßnahmen nicht erst dann er-
örtern, wenn die höchste Gefahrenstufe eingetreten sei. Die Kurfürsten meinten
239 Im September 1561 (Jorga, S. 132)
240 Martels, S. 263; Busbecq, S. 337f = Huussen, S. 258f; v. d. Steinen, S. 216f
241 Die beiden Woiwoden wurden nur im türkischen, nicht aber im lateinischen Text erwähnt
(Bucholtz 7, S. 358).
242 Schaendlinger, S. 67ff. Die jährliche Zahlung blieb bei 30000 ungarischen Dukaten, wurde also
nicht erhöht. Rabe, Reich, S. 309, ist hierin zu korrigieren.
243 Mitteilung Selds an Herzog Albrecht v. 20.8.1562 (BHStA München, KÄA 4307, fol 517r)
244 Bucholtz 7, S. 357
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien