Seite - 649 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Bild der Seite - 649 -
Text der Seite - 649 -
Südostpolitik 649
aber, weil die Sache alle Reichsstände betreffe und ja momentan nicht dringlich
sei, könne man die Beratung auf gelegenere Zeit verschieben245.
Bei der Überprüfung der Urkunde des Sultans stellte sich heraus, daß einige
der von Busbecq erreichten Zugeständnisse abgeschwächt worden waren246. In
Nachverhandlungen konnten aber im nächsten Jahr vom Sultan Korrekturen
bei einigen nachteiligen Formulierungen erreicht werden247. Wichtig für diesen
Erfolg war auch, daß es trotz großer Schwierigkeiten gelungen war, das „Eh-
rengeschenk“ für 1563 pünktlich zu entrichten248. Im nächsten Jahr aber gab es
Beanstandungen an der Jahreszahlung, und weil es überdies in der Moldau zu
Kämpfen gekommen war, machte sich Ferdinand in den letzten Monaten seines
Lebens wieder große Sorgen um den Frieden in Ungarn249.
Nachzutragen ist, daß die undurchsichtige Lage im Vorderen Orient damals
auch die ältere Idee von einem Bündnis mit dem Schah von Persien wieder auf-
tauchen ließ250. Der Gedanke war so naheliegend, daß auch der Großwesir diese
Möglichkeit in seine politischen Überlegungen einbezog251. Wenn Ferdinand
einmal gegenüber Soranzo über die militärische Stärke des Schahs Betrachtun-
gen anstellte252, bedeutete das wenig, zumal er sehr wohl die entgegengesetzte
Konsequenz sah, die des Prinzen Bajezid Flucht nach Persien auch haben
konnte (und schließlich gehabt hat), nämlich eine Verständigung der beiden
muslimischen Mächte, die dem Sultan den Rücken wieder freimachte. Als je-
doch im August 1561 Nachrichten aus Konstantinopel nach Wien kamen, zwi-
schen Osmanen und Persern werde wieder Krieg ausbrechen – sie waren unzu-
treffend –, brachte Ferdinand den Überlegungen des Grafen Luna über Vorteile
eines Bündnisses der beiden habsburgischen Herrscher mit dem Schah mehr
Interesse entgegen: Man solle darüber verhandeln, weil man dabei viel gewin-
nen, aber nichts verlieren könne253. Aus Gesprächen zwischen dem eigenen und
persischen Agenten in Konstantinopel wurde gefolgert, auch der Schah habe an
einem Bündnis Interesse, und so gab man das Signal, ein Gesandter des Persers
würde willkommen sein254. Ende des Jahres berichtete Gúzman aus Madrid,
Philipp II. habe einen für die Mission nach Persien geeigneten Ritter an seinen
Hof bestellt255. Die Sache verzögerte sich, weil der Mann gerade nach Italien
gereist war und Philipp erst nach Rücksprache mit ihm dem Kaiser Vorschläge
245 Moser, Wahlkapitulation, S. 934ff (Kaiserliche „Nachproposition“) u. S. 941ff (Antwort der
Kurfürsten); vgl. Goetz, Wahl, S. 193f
246 Bucholtz 7, S. 358
247 Schaendlinger, S. 78ff (v. 8./17.11.1563); vgl. VD 3, S. 256 Anm. 2
248 Zu den finanziellen Problemen Oberleitner, S. 105ff
249 VD 3, S. 261f u. S. 264f: Berichte v. 15.3. und 23.3. 1564; Goetz, Beiträge, S. 294: Zasius an Her-
zog Albrecht, 22.3.1564
250 Vgl. Palombini, S. 85, die venezianischen Berichte wiedergebend.
251Õontar, S. 206
252 VD 3, S. 135: Bericht v. 3.2.1560
253 CDI 98, S. 240–242: Bericht v. 14.9.1561
254 CDI 98, S. 299: Bericht Lunas v. 26.2.1562; Õontar, S. 199
255 HHStA Wien, St-Abt., Spanien Diplomat. Korr. 6, fol 80v: Gúzman an F., 17.12.1561
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien