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Zur Heiratspolitik Ferdinands 711
gleich mit den anderen Kandidaten – Don Carlos und Herzog Emanuel Phili-
bert von Savoyen – für die glücklichste Lösung717.
Kaum war Maria Tudor gestorben, wurde darüber spekuliert, ob Kaiser Fer-
dinand beabsichtige, die Hand der neuen Königin nun für seinen zweiten Sohn
zu gewinnen718. Das Problem, England trotz des Thronwechsels im habsburgi-
schen Einflußbereich festzuhalten, gewann an Bedeutung, weil die Bindung
Schottlands an Frankreich immer enger wurde, hatte doch die aus der französi-
schen Familie Guise stammende Mutter der Thronerbin Maria Stuart deren
Heirat mit dem Dauphin Franz II. zustande gebracht (24. April 1558). Maria
Stuart nahm sogleich nach dem Tode Maria Tudors das englische Wappen in
ihren Schild auf719. Seither war die Sorge vor gut begründbaren Ansprüchen der
Schottenkönigin auf den englischen Thron und ihrer militärischen Unterstüt-
zung durch Frankreich wegen der schwer zu verteidigenden Landgrenze zum
nördlichen Nachbarn ein Alptraum für manchen englischen Politiker720. Die
Habsburger machten sich diesen Umstand zunutze, wenn sie argumentierten,
ein Erzherzog sei für Elisabeth die beste Partie überhaupt, weil sie dadurch die
Zuneigung aller habsburgisch regierten Länder und den Schutz des ganzen
deutschen Reiches, vor allem gegen Frankreich, gewinnen werde721.
Tatsächlich hat Ferdinand den Gedanken alsbald erwogen, zumal er von ei-
ner dänischen Brautwerbung erfuhr722, die ihn für die habsburgischen Interes-
sen, insbesondere die Handelsschiffahrt der Niederländer, nicht ungefährlich
dünkte. Er entschloß sich aber, zunächst einmal zu sondieren, wie Philipp II.
sich zu verhalten gedachte, und dem spanischen König selbst oder für Don
Carlos den Vortritt zu lassen723. In seiner ersten die Frage behandelnden Wei-
sung an den Grafen Georg von Helfenstein724, der Königin Elisabeth das kai-
serliche Beileid und die Glückwünsche zur Thronbesteigung überbringen sollte,
überwiegen Bedenken, ob Elisabeth die richtige Gemahlin für Erzherzog Fer-
dinand wäre, weil nach seinen Informationen die religiösen Verhältnisse in
England sich nachteilig für die Katholiken entwickelten und die Haltung der
Königin persönlich unklar sei725. Als der Kaiser sicher zu sein meinte, daß
Philipp selbst um Elisabeth werben wollte, erhielt Helfenstein ein striktes Ver-
bot, sich in England auf Erörterungen über die Möglichkeit einer Ehe mit ei-
717 HHStA Wien, Spanien, Diplom Korr. 5, fol 207r/v: Gamiz an F., 29.9.1555
718 VD 3, S. 81: Lando an den Dogen, 18.12.1558
719 A. O. Meyer, S. 11
720 Dawson, S. 201f.
721 z.B. CDI 87, S. 162–164: Philipp II. an Feria in London; vgl. Wertheimer, S. 394
722 Freier war der Bruder des Dänenkönigs, Herzog Adolf von Holstein (CDI 87, S. 106: Feria an
Philipp II., 27.12.1558).
723 Die Einzelheiten der Verhandlungen sind von Diemer aus den Akten dargestellt worden, so daß
für die hinhaltende Taktik Elisabeths ein für allemal auf diese Arbeit verwiesen sei. Hier genügt
es, die Grundlinien der Position Ferdinands zu ziehen.
724 HHStA Wien, HA FA 21 II, fol 3r-4v: Geheime Weisung an Helfenstein, 17.1.1559; Diemer, S.
7f
725 Zur Entwicklung der religiösen Verhältnisse in England nach dem Thronwechsel vgl. A.O.
Meyer, S. 14ff
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Titel
- Ferdinand I. als Kaiser
- Untertitel
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Autor
- Ernst Laubach
- Verlag
- Aschendorff Verlag
- Ort
- Münster
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 786
- Schlagwörter
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Kategorie
- Biographien