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VON EINER FÜRSTLICHEN SAMMLUNG ZUR FAMILIENBIBLIOTHEK 15
die zuvor dort befindlichen Hofsammlungen in die neuen Museumsgebäude
am Ring übersiedelt worden waren. Auch der neue Standort war aber nur
provisorisch, da der Augustinergang im Zuge des Hofburgneubaues abge-
rissen werden sollte. Nach Erwägung mehrerer Alternativvorschläge (Un-
teres Belvedere, Augustinertrakt der Hofburg) wurde die Fideikommissbib-
liothek 1903 in Räumen im Hochparterre und im Souterrain des Corps de
logis der eben fertiggestellten Neuen Burg aufgestellt. Doch auch diese Un-
terbringung erwies sich nicht als dauerhaft, da das Bücherdepot im Souter-
rain durch Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilzbefall bedroht war. Nach
mehreren Interventionen Schnürers erhielt die Fideikommissbibliothek im
Jahr 1908 schließlich ihre definitive, bis heute bestehende Unterbringung
im zweiten Obergeschoss des Corps de logis der Neuen Burg am Helden-
platz.
In der Periode zwischen 1878 und 1914 entwickelte sich die Fideikommiss-
bibliothek von einer wenig bekannten, unzugänglichen Privatsammlung der
kaiserlichen Familie zu einer in vielfältiger Weise in die Öffentlichkeit wir-
kenden Institution. Die wesentlichste Voraussetzung dafür war die von Mo-
ritz Alois von Becker 1875 initiierte Drucklegung eines Katalogs über „Die
Sammlungen der vereinten Familien- und Privat-Bibliothek Sr. M. des Kai-
sers“5, der diese allgemein bekannt machte und das Interesse für sie weckte.
Die steigende Popularität und die mediale Präsenz Kaiser Franz Josephs
weckte auch das Interesse der Öffentlichkeit an der Familien-Fideikommiss-
bibliothek. Dies zeigt sich vor allem anhand zahlreicher Ansuchen um Leih-
gaben für Ausstellungen. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat die
Fideikommissbibliothek Leihgaben für mehr als siebzig Ausstellungen zur
Verfügung gestellt, teilweise auch außerhalb der Monarchie. Eine Gruppe
von wertvollen Objekten spielte dabei eine besondere Rolle: die sogenannten
Huldigungsadressen. Diese herausragenden Schöpfungen der österreichi-
schen Kunstindustrie wurden als Loyalitätsbekundungen an den Kaiser und
dessen Familie wiederholt in der Öffentlichkeit präsentiert. Dies erfolgte vor
allem im neugegründeten Museum für Kunst und Industrie, dessen Direktor
Rudolf von Eitelberger eine bedeutende Rolle in der Wiener Museumsland-
schaft spielte. Nach der ersten Übersiedlung wurde in den neuen Räumlich-
keiten im Augustinergang zudem für kurze Zeit (1893/94) eine hauseigene
Ausstellung präsentiert, innerhalb derer die Huldigungsadressen wiederum
die Hauptattraktion darstellten.
Die Sammlung wurde aber auch zu Forschungszwecken in Anspruch ge-
nommen, wobei hier der Fokus in erster Linie auf die Handschriften und
5 Becker, Sammlungen.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken