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VON EINER FÜRSTLICHEN SAMMLUNG ZUR FAMILIENBIBLIOTHEK 17
Valenta in seinem Beitrag näher ausführen wird. Die unterschiedlichen In-
teressenslagen von Kaiser Franz Joseph und Thronfolger Franz Ferdinand
dürften hier ebenso eine Rolle gespielt haben wie schließlich der Ausbruch
des Ersten Weltkriegs und der Tod des alten Kaisers, die all diese Bestre-
bungen sinnlos erscheinen lassen mussten.
Die Zeit nach 1914 war aufgrund der Auswirkungen des Krieges auf alle
Lebensbereiche eine Zeit der Stagnation. Zwar gelang es, die Bibliotheks-
beamten weitgehend vom Kriegsdienst zu befreien; Ankäufe, Anfragen,
Entlehnungen und Ausstellungen gab es jedoch kaum mehr. Eine Beson-
derheit dieser Zeit war die erstmalige Einstellung weiblicher Hilfskräfte für
Katalogisierungsarbeiten, allerdings aufgrund der damaligen Bewertungs-
maßstäbe zu vergleichsweise niedrigem Gehalt. Nina Knieling wird in ihrem
Beitrag diesen Aspekt ebenso herausarbeiten wie die Anlage einer Kriegs-
sammlung mit dem Titel „Kaiser und König Karl im Weltkrieg“, die in Text-
und Bilddokumenten den Erfolg der Österreichisch-Ungarischen Armee
festhalten sollte. Der neue Kaiser war nach dem Tod Franz Josephs ab 1916
de facto Fideikommissinhaber, die offizielle Einantwortung Karls erfolgte
jedoch erst im letzten Kriegsjahr 1918.
Nach dem Ende der Monarchie wurde die Enteignung des gebundenen
Vermögens der Familie Habsburg-Lothringen aufgrund des am 3. April 1919
erlassenen und am 30. Oktober desselben Jahres novellierten sogenannten
„Habsburgergesetzes“ vollzogen. Schließlich wurde in der 193. Sitzung des
Kabinettsrats vom 18. Juni 1920 die Übernahme der Fideikommissbiblio-
thek in die staatliche Verwaltung der Republik Österreich beschlossen und
diese dem Staatsamt für Inneres und Unterricht unterstellt. In einem zwei-
ten Schritt erfolgte die Eingliederung in die Verwaltungsstruktur der neu-
gegründeten Nationalbibliothek und die nunmehrige Zugänglichkeit zu den
Beständen für die Allgemeinheit. Die neue republikanische Ära verlangte
dabei eine Neuorientierung der Sammlungen und einen sichtbaren Bruch
mit der monarchischen Vergangenheit. So fanden in der neuen Bestands-
bezeichnung weder die ursprüngliche Widmung als „Fideikommissbiblio-
thek“ noch das Haus Habsburg-Lothringen Erwähnung. Ab diesem Zeit-
punkt wurde die gesamte Sammlung als „Porträtsammlung“ bezeichnet,
obwohl sie nach wie vor den Großteil der übrigen Bestände, vor allem die
umfassende Büchersammlung beinhaltete. Unter großen Protesten von
Franz Schnürer und seinem Nachfolger Rudolf Payer-Thurn wurde nun von
der General direktion der Nationalbibliothek die sogenannte „Zusammen-
legung gleicher Sammlungsbestände“ vorangetrieben.
Die weitere Geschichte der Fideikommissbibliothek ist deshalb untrenn-
bar mit dem Schicksal der Hofbibliothek, aber auch der Albertina verbun-
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken