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DIE PRIVATBIBLIOTHEK FERDINANDS BIS 1835 53
merer Graf Czernin: „Ich finde Mich bewogen, den akademischen Mahler
Leopold Brunner den Titel Meines Kammermahlers gegen dem zu verlei-
hen, daß hieraus nie ein Anspruch auf irgend einen Bezug abgeleitet werden
könne, wornach [sic] Sie das Erforderliche zu verfügen haben.“88
Als Czernin von der Verleihung des Kammermaler-Titels erfährt, dürfte
er den Kaiser an eine scheinbar schon zuvor mündlich geäußerte Entschei-
dung, Brunner nämlich zum „Hofmaler“ ernennen zu wollen, erinnert haben,
welche mit der nun erfolgten schriftlichen Ernennung zum Kammermaler
in Widerspruch stand. Ferdinand zog letztere deshalb wieder zurück. Die
bereits von der Verleihung des Kammermaler-Titels in Kenntnis gesetzten
Behörden werden von der mündlich erfolgten Abänderung der kaiserlichen
Entscheidung sofort informiert. Unter anderem erlangt auch der Leiter der
Geheimen Staatskonferenz, Ferdinands Onkel Erzherzog Ludwig, Kenntnis
davon. Dieser bittet daraufhin beim Oberstkämmerer um Aufklärung, „wel-
cher Unterschied zwischen dem Titel eines Hof- und dann jenem eines Kam-
mermahlers bestehe, und ob auf dem Grunde des ersteren Titels besondere
Prärogative angesprochen werden können“. Diese Anfrage, – offiziell natür-
lich eine von Seiner Majestät erbetene Auskunft – wird nach Rücksprache
mit dem Obersthofmeisteramt, welches für die Verleihung der Hof-Titel zu-
ständig ist, vom Oberstkämmerer Graf Czernin folgendermaßen beantwortet:
„Die Verleihung des Titels eines Hofmalers ist ein in den Wirkungskreis des
Ersten Obersthofmeisters gehöriger Gegenstand, und Euere Majestät geruhen
aus der gehorsamt angeschloßenen obersthofmeisterlichen Note89 zu ersehen,
unter welchen Modalitäten derselbe verliehen zu werden pflegt, und daß die-
ser bloße Titel keinen wie immer gearteten Anspruch und auch keine beson-
dere Verpflichung mit sich bringt, daher zu dieser Begünstigung in der Regel
die Einholung der allerhöchsten Ermächtigung nicht vorgeschrieben ist.
Anders verhält es sich mit dem Titel eines Kammermahlers, welcher nur
allein von Euerer Majestät verliehen werden kann, und den Anspruch auf
88 Ebenda.
89 Das Obersthofmeisteramt hatte mitgeteilt, dass „die Hoftitel – deren Verleihung dem je-
weiligen k. k. Ersten Obersthofmeister zustehet, – nur eine Ehren-Auszeichnung für solche
Künstler, Handwerker und dergleichen sind, welche sich in ihrem Fache besondere Ver-
dienste um den allerhöchsten Hof, oder um die Beförderung und Vervollkommnung der
National-Industrie erworben haben, und einer besonderen Anerkennung dieser Leistung
würdig befunden worden sind. Übrigens ist mit dem Hoftitel weder ein Gehalt, noch ein
Anspruch auf die Überlassung der Hofarbeit – welche dem mit einem Hoftitel Betheilten
nur dann zugewiesen wird, wenn er sich durch die Vorzüglichkeit seiner Arbeit, und die
Billigkeit der Preise, vor den übrigen Konkurrenten auszeichnet – noch endlich irgend eine
Verpflichung verbunden, Bestellungen für den Hof übernehmen zu müßen.“
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken