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DIE PRIVATBIBLIOTHEKEN FRANZ’ I. UND FERDINANDS I. 1835–1848 75
fällt, die sich aufgrund existenzieller Bedrohungen durch das napoleonische
Frankreich in der ersten Dekade des 19. Jahrhunderts immer stärker zu-
spitzen, sind vermehrte Einsendungen in den ersten dreißig Bestandsjahren
der Privatbibliothek nicht anzunehmen. Erst der Wiener Kongress lenkt das
Interesse des europäischen Kontinents auf die Haupt- und Residenzstadt
Wien und somit auch auf den österreichischen Kaiser. Obwohl aktenmäßig
nicht belegbar, dürften ab nun derlei Übersendungen oder Überreichungen
in derart besorgniserregender Menge gestiegen sein, dass Gegenmaßnah-
men angebracht erschienen. Da das kaiserliche Mäzenatentum vorwiegend
„vaterländischen“ Künstlern und Schriftstellern zuteil werden sollte, galt
es Einsendungen von außerhalb der Monarchie gezielt zu hemmen. Da eine
erste dahingehende Instruktion der k. k. Gesandtschaften 1817/18 nur mäßi-
gen Erfolg zeitigte,170 befiehlt Franz I. am 21. Juni 1823 von Laxenburg aus:
„Die von Seite ausländischer Schriftsteller und Künstler ohne vorher erhal-
tene Bestellung, oder Erlaubniß an Mich geschehenden Einsendungen allerley
Werke, haben seit einiger Zeit so sehr überhand genommen, daß Ich Mich be-
wogen finde, dieser Zudringlichkeit ein für allemahl Gränzen zu setzen. Es be-
stehet zwar die Vorschrift, daß kein Ausländer seine Litterär- oder Kunst-Er-
zeugnisse Mir übersenden darf, ohne vorher durch Meine Gesandtschaften die
Erlaubniß hierzu angesucht und erhalten zu haben. Nachdem aber manche
den vorgeschriebenen gesandtschaftlichen Weg umgehen, und Mir unmittel-
bar ihre Werke einschicken, so werden Sie, wenn Sie es zweckmässig und dien-
lich finden, und sonst kein Bedenken dagegen obwalte, sämmtlichen Meinen
Gesandtschaften auftragen, durch die in dem Orte ihres Sitzes erscheinenden
Zeitungen zur allgemeinen Kenntniß und Warnung zu bringen, daß Ich jede
derley unbefugte Einsendung mir verbitte, und jedes Werk, welches an Mich
gelangen würde, ohne vorher bestellt worden zu seyn, oder ohne zu dessen
Einsendung, nach vorausgegangener Anmeldung bey Meinen Gesandtschaf-
ten, von Mir die Erlaubniß erhalten zu haben, nicht angenommen, und dem
Einsender ohne Weiteres zurückgeschickt werden wird. Franz m.p.“171
Am 12. Juli 1823 erscheint im „Le Moniteur universel“ eine von der k. k. Ge-
sandtschaft in Paris beauftragte Annonce:
„Nous sommes invités à publier l’avis suivant: ‚Le public est prévenu que,
d’après une détermination prise par la cour impériale d’Autriche, tout envoi
170 Wien, ÖStA, HHStA, Staatskanzlei, Vorträge, Karton 215, (VIII–X) 1818, Fasc. (IX),
fol. 163r–164r u. fol. 165r-v.
171 FKBA06057, fol. 1r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken