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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN100
dem späteren Kaiser von Brasilien stattfand, verfasst. Der Druck war von
Kaiser Franz I. finanziert worden, weshalb die Auflagen auch in seinem Ei-
gentum standen.256 Über den Wiener Buchhändler Johann Baptist Wallis-
hauser wurden die Werke auch öffentlich verkauft. Spätestens nach dem
Tod Pohls am 22. Mai 1834 war dessen literarischer Nachlass im „Brasilia-
nischen Museum“ in Wien (vermutl. im gräfl. Harrach’schen Gebäude in der
Johannesgasse) gelagert worden. Khloyber, der für die Inventarisierung und
Versiegelung verantwortlich war, verzeichnete in einer Bestandsliste vom
Dezember 1834 insgesamt 519 Exemplare im geschätzten Gesamtwert von
14.325 fl.257 Da immer wieder neue Lieferungen an botanischen, zoologischen
und mineralogischen Exponaten aus Brasilien für das Museum in Wien ein-
treffen, fordert Direktor Karl von Schreibers im Jänner 1835 deshalb die
Lagerung der Restauflagen an einem anderen Ort,258 woraufhin sich Khloy-
ber aufgrund der Platznot in der franziszeischen Privatbibliothek genötigt
sieht, Kaiser Franz I. einen Monat vor dessen Tod um Zuweisung einer klei-
nen Lokalität in der Hofburg zu bitten.259 Das Gesuch bleibt unbeantwortet.
Die Restauflage musste wahrscheinlich doch in der franziszeischen Privat-
bibliothek untergebracht werden. Die Werke Pohls werden in der Folge zu
beliebten Geschenken für diverse Bibliotheken, Institute und Anlässe. So
geht beispielsweise je ein von Johann Jebmayer und Anton Hartinger ko-
loriertes Exemplar der Werke 1844 auf Befehl Ferdinands I. an die könig-
lich-bayerische Akademie der Wissenschaften in München260 oder 1848 nach
Leipzig als finanzielle Unterstützung für den Bau der katholischen Trinita-
tiskirche (siehe unten). Noch 1874 erinnert das Kärntner naturhistorische
Landesmuseum im Zuge der Empfangsbestätigung für den ersten Band des
gedruckten Realkatalogs der Fideikommissbibliothek an das „vor längerer
Zeit zugesagte Werk“ (Pohls Brasilienreise) und bittet um dessen Übersen-
dung.261 Im Juni 1850 stellt der Minister für Unterricht und Cultus, Leo Graf
Thun-Hohenstein den Antrag, die Restauflage an öffentliche Bibliotheken
256 Vgl. FKBA06062.
257 Für den ersten Band der „Reise im Innern von Brasilien“ vier Pracht- und 183 ordinäre
Ausgaben, wobei sich 80 Exemplare der ordinären Ausgabe bereits beim Buchhändler
Wallishauser in Kommission befinden; von „Plantarum Brasiliae icones“ ebenfalls vier
Pracht- und 155 ordinäre Ausgaben (davon 23 bei Wallishauser); des Weiteren von den
1832 erschienenen Sonderdrucken aus erstgenanntem Werk sind von „Brasiliens vorzüg-
lich lästige Insekten“ 86 Exemplare (davon 30 bei Wallishauser) und von „Beiträge zur
Gebirgskunde Brasiliens“ 87 Exemplare (davon 33 bei Wallishauser) vorrätig; FKBA20017,
fol. 5r–v.
258 FKBA20017, fol. 1r.
259 Ebenda, fol. 3r–v.
260 FKBA24113.
261 FKBA27071.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken