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DIE PRIVATBIBLIOTHEKEN FRANZ’ I. UND FERDINANDS I. 1835–1848 111
dieners-Adjunkten). Er bittet allenfalls, in den Wintermonaten für die Be-
heizung der Räumlichkeiten einen Hofhausknecht zur zeitlichen Aushilfe
für eine Gehaltszulage von 8 bis 10 fl. (aus der Privatkasse) anfordern zu
dürfen, was Kaiser Ferdinand genehmigt.295 Khloyber gibt gleichzeitig seine
Präferenz bekannt und bittet aufgrund der winterlichen Witterung sogleich
den Hofhausknecht Johann Mignot296 zugeteilt zu bekommen, da dieser auf-
grund früherer Einsätze in der Privatbibliothek mit den „etwas zerstreut
liegenden diesseitigen Lokalitäten“297 bereits vertraut sei. Oberstkämmerer
Moritz Fürst Dietrichstein weigert sich jedoch diesem Ersuchen stattzu-
geben und begründet dies mit der völligen Auslastung der k. k. wirklichen
Hofhausknechte, weshalb man bereits eine Anzahl von Aushilfsdiener ein-
gestellt habe, unter denen sich Mignot als ältester – gemeint ist wohl längst-
dienender und somit „ranghöchster“ – befinde. Außer Stande einen solchen
Hofhausknecht temporär abzukommandieren, sieht Dietrichstein die dauer-
hafte Anstellung Mignots in der Privatbibliothek auf Kosten der Privatkasse
ohne Gehaltsverlust als einzigen Ausweg, da er dann in der Lage wäre,
selbst einen neuen Aushilfsdiener einzustellen. Dietrichstein zweifelt jedoch
daran, dass Mignot einer Überstellung zustimmen werde, da er bei nächster
sich bietender Gelegenheit in den Rang eines wirklichen Hofhausknechtes
aufstiege. Khloyber sieht sich nun genötigt, entgegen vorheriger Meinung
bei Kaiser Ferdinand nun doch um eine Einstellung eines zweiten Biblio-
theksdieners zu bitten und begründet dies mit dem Umstand, dass das Han-
tieren mit Sammlungsgut etwa bei gleichzeitiger Betreuung der Öfen nicht
von derselben Person ausgeführt werden kann.
„Ein Aushülfsdiener ist bei Allerhöchst Ihrer Privatbibliothek durchaus no-
thwendig, denn einmal kann die Heitzung der Oefen, welche von Innen, das
ist, in den Bibliothekszimmern selbst geschieht; nicht dem nächsten Besten
anvertraut werden; dann scheint es mir, ist und war es von jeher ein Uebel-
295 FKBA25140.
296 Geboren am 10.06.1809 in Seibersdorf (NÖ), erlernte das Sattlerhandwerk und leistete vom
15.04.1828 bis zum 25.07.1836 seinen Militärdienst ab, anschließend Sattlergehilfe in der
k. k. Sattlerei bis zum 02.02.1846, dann Hofhausknecht bis 28.02.1848; siehe FKBA25141,
fol. 3r u. FKBA27044, fol. 1r. Den Matriken der Pfarre Seibersdorf zufolge wurde Mignot
erst am 18. Juni 1809 als Sohn des – vermutlich beim Schloss Seibersdorf angestellten –
herrschaftlichen Ziergärtners Michael Franz Mignot geboren. Als einer seiner Taufpaten
wird „Louis Dassonville Cuisinier Du Conte St. Sulpice“ angegeben, bei dem es sich ver-
mutlich um den Koch des im Gefolge Napoleons zu dieser Zeit im Wiener Umland befind-
lichen und vielleicht im Schloss Seibersdorf residierenden französischen Generals Ray-
mond-Gaspard de Bonardi comte de Saint-Sulpice handelt. Pfarre Seibersdorf, Taufbuch
1784–1811, fol. 44.
297 FKBA25141, fol. 1r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken