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DIE PRIVATBIBLIOTHEKEN FRANZ’ I. UND FERDINANDS I. 1835–1848 127
sonstigen schriftstellerischen Würdigungen sei etwa das Gedicht „Der Kaiser
ist todt – es lebe der Kaiser!“ des Dramatikers Carl Meisl416 oder Johann An-
ton Gross-Hoffingers in Stuttgart herausgebrachte Biografie „Leben, Wirken
und Tod des Kaisers. Ein Charakter- und Zeitgemälde, entworfen bei Gelegen-
heit des Todes Franz I. am 1. März 1835“417 erwähnt.
Für die Bewohner der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien und des Um-
landes war wohl die Erbhuldigung der niederösterreichischen Stände am
14. Juni 1835 eine Art Krönungsersatz.418 Johann Eggenhöfer überreicht
beispielsweise seine „Ergüsse wahrer Vaterlandsliebe. Bei Gelegenheit des
von den treuen Bürgern Wiens Seiner k. k. Majestät Ferdinand I. am 11. Juni
1835 geleisteten Bürgereides“419. Die aus Halle an der Saale stammende
blinde Dichterin Friederike Schmidt, welche seinerzeit schon Kaiser Franz
mit Neujahrs-, Geburts- und Namenstagsgedichten behelligt hatte, übersen-
det ihr poetisches Werk „Opfer der Weihe Seiner Majestät, dem Kaiser von
Oesterreich Ferdinand I. an dem überaus erfreulichen Tage Allerhöchst Ih-
rer Krönung“420, womit offensichtlich wird, dass die an Krönungen gewöhnte,
noch aus Zeiten des Heiligen Römischen Reich stammende Generation be-
grifflich hier keine großen Unterscheidungen machte. Der k. k. Hoftrompe-
ter Franz Prohaska bittet sogar, den von ihm komponierten Erbhuldigungs-
marsch Kaiser Ferdinand widmen zu dürfen, was aufgrund eines Gutachtens
des k. k. Hofkapellmeisters Joseph Eybler jedoch abgelehnt wird.421 Und
schließlich überreicht der Offizial im k. k. Obersthofmeisteramt Aloys Baum-
garten eine kolorierte Darstellung des Zeremoniells der Huldigungsfeier.422
Der Thronbesteigung im Allgemeinen wird etwa von der Wiener Industrial-
Lehrerin Therese Lischke in einem zwölfzeiligen Wunsch gedacht, dessen
Text mit schwarzer Creponseide auf weißen Atlas gestickt und hinter Glas
gerahmt überreicht wurde.423 Dieses, die Anteilnahme selbst der einfachen
Bevölkerung manifestierende Objekt ist heute nicht mehr erhalten. Dass die-
ses Ereignis auch Herrscher angrenzender Territorien zu anlassbedingten
Gesten bewog, demonstriert der Fürst von Serbien, Miloš Obrenović, der den
vom schlesischen Dichter Karl von Holtei an Kaiser Ferdinand angepassten
Text der Volkshymne in slowenischer Sprache abdrucken und dem Monar-
416 FKBA20035.
417 FKBA20074, FERD 4.044.
418 Vgl. dazu Castelli, Beschreibung. FRANZ 33.591.
419 FKBA20058; Werk liegt dem Akt bei.
420 FKBA20060.
421 FKBA20061.
422 FKBA20104. Einer Aktennotiz zufolge ist dieses Blatt der Privatbibliothek jedoch nie zuge-
kommen.
423 FKBA20048.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken