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DIE PRIVATBIBLIOTHEK FERDINANDS IN PRAG 1850–1875 161
Schon zu Weihnachten 1850 meldet Negrelli den Abschluss der Übersiede-
lung sowie die Rückreise Thaas und Mignots. Zugleich liefert er einen Be-
richt über die erfolgten Arbeiten. Man hatte in dieser kurzen Zeit augen-
scheinlich doch mehr an bibliothekarischer Arbeit zuwege gebracht, als
zunächst gedacht. Während Mignot die Bücher aus den Kisten auspackte
und im Nummerus currens „nella gran sala“ aufstellte, habe Thaa die Ein-
teilung in Materien (neun Hauptklassen)546 auf Grundlage des Zettelka-
talogs besorgt. Wie es Khloyber schon angedeutet hatte, waren die Werke
zuvor augenscheinlich nur nach Buchformaten gruppiert gewesen, hatten
aber innerhalb dieser keine thematische Sortierung erfahren. Die Buchtitel
wurden Negrelli zufolge anschließend als Vorbereitung für die Erstellung
eines Kataloges547 nach bibliothekarisch normierten Kriterien verzeichnet,
wobei die historischen und geografischen Werke die beiden umfangreichsten
Themengebiete darstellten. Thaa habe diese beiden Klassen jeweils in all-
gemeine Werke und jene mit besonderem Bezug zum Kaisertum Österreich
unterteilt, weshalb der Kern der ferdinandeischen Bibliothek nun aus dem
zwei Bücherkästen umfassenden „tesoro storico e geografico De rebus Aus-
triacis“ bestehe. Der von Negrelli aufgrund seines Arbeitseifers und seiner
Fachkenntnis hochgelobte Thaa assistierte auch bei der Dublettenaussonde-
rung und besorgte zudem die Verzeichnung der neuangekommenen Werke
nebst jenen, die einer Einbindung oder Restaurierung zuzuführen waren.
Am Ende seines Berichts benennt Negrelli die noch anstehenden Arbeiten.
Darunter falle die Verzeichnung der mehrere hundert Blätter umfassenden
Kunstsammlung, der „collezione di prezzi musicali“ sowie der etwa 5.000
Siegelabgüsse. Für letztere sei nicht nur eine geeignete Form der Aufbewah-
rung zu finden, im Zuge des Transports waren sie auch in Unordnung gera-
ten, weshalb Negrelli sich eine genaue Sichtung und anschließende Sortie-
rung vornimmt. Er empfiehlt, Thaa und Mignot eine Remuneration für ihre
Dienste oder zumindest ein Dankschreiben zukommen zu lassen.548
Die Sichtung und Kontrolle der Bücher in Prag erfolgte nach dem in Wien
angefertigten Standortsrepertorium (FKB.INV.81), dessen ersten Band man
bei diesem Anlass schloss, um einen zweiten für künftige Neuzugänge zu
beginnen. Analog dazu enden die Eintragungen im alten Zuwachsinventar
der Ferdinandea (FKB.INV.75), worauf auch ein Eintrag Negrellis auf den
letzten Seiten dieses Verzeichnisses hinweist.549
546 Vgl. Klar, Bibliothek, 365.
547 Wohl FKB.INV.32.
548 Prag, Narodni Archiv, hofmistra cisare Ferdinanda I., Rubr. 22, Kt. 33.
549 FKB.INV.75, nach der roten Bibliothekszahl 1995.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken