Seite - 169 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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DIE PRIVATBIBLIOTHEK FERDINANDS IN PRAG 1850–1875 169
stehenden Vorschriften nicht gestatten, auf diese Angelegenheit unmittelbar
Einfluß zu nehmen und einem so geschätzten Dichter die gewünschte Aner-
kennung zu verschaffen“.579
Im Gegensatz zur Privatbibliothek Franz’ I., deren Korrespondenz weit-
gehend von den Bibliotheksvorstehern Young und Khloyber geführt worden
war, dürfte sich in Prag Intendant Geringer in den Vordergrund gespielt
haben, was Bibliothekar Negrelli zwar Schreibarbeit ersparte aber auch
Informationsdefizite einbrachte. So meint er etwa im Februar 1852 etwas
erzürnt:
„Ein Exemplar von eben dem Werke, welches heute in die Bibliothek kam,
hatte ich gerade vor Kurzem gekauft. Um die 75 fl. C.M. welche es kostet, ist
mir wirklich leid! Um der Gefahr auszuweichen, Doubletten ohne Noth zu ver-
mehren, ersuche ich Sie, Herr Regierungsrath [Geringer], mich künftig über
schon vorhandene, oder einlaufende Werke gütig benachrichtigen zu wollen,
wozu ein einfaches Verzeichniß hinreichen dürfte.“580
Apropos Dubletten: eine Reihe doppelt vorhandener Schriften der Ferdinan-
dea (31 Titel) wird 1853 auf Anregung des Obersthofmeisters Graf Bombel-
les an die Neustädter k. k. Realschule in Prag abgegeben.581
Die expliziten Interessen Kaiser Ferdinands lassen sich auf Grundlage
des ausgewerteten Aktenmaterials an zwei Literaturgattungen demonst-
rieren – militärische Veröffentlichungen sowie Zeitungen und Zeitschriften.
Schon im Dezember 1850 schreibt Obersthofmeister Graf Brandis an das
Wiener Kriegsministerium:
„Seine Majestät der Kaiser Ferdinand haben auch in ihrer Zurückgezogenheit
noch immer das lebhafteste Interesse für Alles bewahrt, was die k. k. Armee
betrifft und wünschten, um möglichst schnell über Alles was bei derselben
vorgeht, Kenntniß zu erlangen, das auf Veranlassung des hohen Ministeriums
herauskommende Armee-Verordnungsblatt zu erhalten.“582
Dem Wunsch wird auch umgehend entsprochen und Ferdinand sozusagen
auf die Abonnentenliste des Blattes gesetzt. Dieses nicht ungewöhnliche
579 Prag, Narodni Archiv, hofmistra cisare Ferdinanda I., Rubr. 22, Kt. 34.
580 Prag, Narodni Archiv, hofmistra cisare Ferdinanda I., Rubr. 22, Kt. 33. Promemoria Ne-
grellis vom 20.02.1852.
581 Prag, Narodni Archiv, hofmistra cisare Ferdinanda I., Rubr. 22, Kt. 34. Ein Verzeichnis der
ausgeschiedenen Titel liegt bei.
582 Prag, Narodni Archiv, hofmistra cisare Ferdinanda I., Rubr. 22, Kt. 33.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken