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DIE FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK UND DIE PRIVATBIBLIOTHEK FRANZ JOSEPHS 181
stein’schen Fideikommiss einigen können. Die Nicht-Eingliederung seiner
eigenen Privatbibliothek in das Bibliotheksfideikommiss wäre mit dem
Umstand zu begründen, dass Ferdinand nach seiner Abdankung am 2. De-
zember 1848 in Olmütz klar geworden sein wird, dass er nicht wieder nach
Wien zurückkehren und mit Franz Joseph gewissermaßen Tür an Tür würde
wohnen können. Nach verschiedenen Plänen, etwa die Sommer jeweils in
einer anderen Residenz zu verbringen, wurde schließlich Prag als ständiger
Wohnsitz auserkoren. Die dort zunächst eher beengten Raumverhältnisse
hätten in keinem Fall eine Übersiedelung der Fideikommissbibliothek dort-
hin zugelassen. Dies lag auch wohl nie in der Intention des Monarchen. Er
begnügte sich vermutlich vollends mit seiner eigenen Privatbibliothek, deren
Bestände er im Laufe der Zeit wohl nach seinen bevorzugten Interessensge-
bieten zusammengestellt hatte. Da eine Eingliederung in die Fideikommiss-
bibliothek bei gleichzeitiger Mitnahme nach Prag gewiss nicht als sinnvoll
erachtet wurde, so hatte diese wohl zu unterbleiben.
Wie aus dem soeben gesagten hervorgeht, sind die essentiellen Fragen
also tendenziell finanzieller Natur und haben selbstverständich mit dem
Erbe Franz’ I. zu tun. Um auch in dieser Angelegenheit wieder Fahrt aufzu-
nehmen, befiehlt Franz Joseph seinem Ministerpräsidenten Fürst Schwar-
zenberg am 28. Juli 1849:
„Nachdem die Privatvermögens-Verhältnisse nach dem Ableben Seiner Ma-
jestät des Höchstseligen Kaisers Franz noch bis Heute nicht geordnet und ei-
nem definitiven Abschlusse zugeführt worden sind, so trage Ich Ihnen auf,
zu diesem Ende eine Comission von sachverständigen thätigen Männern zu-
sammen zu setzen, die betreffenden bei dieser Verhandlung betheiligten Fa-
milienglieder aufzufordern, jedes für sich einen mit umfassender Vollmacht
ausgestatteten Beisitzer unverzüglich fürzuwählen – wonach Sie denselben
einen angemessenen praeclusiv-Termin geben wollen, binnen welchem mit
Beseitigung aller sich etwa ergebenden Schwierigkeiten diese Angelegenheit
mit allem Ernste betrieben, zu Ende gebracht, und das Schlußresultat Mir
unterbreitet werde.“613
Wenige Tage später kann Schwarzenberg die ersten Kommissionsmitglie-
der nominieren. Es sind dies der ehemalige Staatsrat Johann Baptist Frei-
herr von Pilgram (als Präsident der Kommission), der Unterstaatssekretär
im Ministerium des Inneren, Joseph Pipitz, Fondskassen-Direktor Carl von
Scharff sowie der Hof- und Ministerialrat im Ministerium des kaiserlichen
613 Wien, ÖStA, HHStA, Hausarchiv, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Verlassenschaften
Kt. 7, Fasz. b.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken