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DIE FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK UND DIE PRIVATBIBLIOTHEK FRANZ JOSEPHS 193
5.2 Eine wichtige Quelle versiegt – Buchgeschenke für Franz Joseph
werden an die Hofbibliothek umgeleitet
Als nach dem Tod Kaiser Franz’ I. der Befehl erlassen wurde, für die Fidei-
kommissbibliothek bis auf die Komplettierung von Fortsetzungswerken
keine Novitäten mehr anzuschaffen und auch die an den Kaiser überreich-
ten Werke nun in die ferdinandeische Privatbibliothek flossen, so war dies
für Khloyber zwar offiziell beklagenswert, de facto aber kein wirklicher
Grund zur Sorge. Er ging zweifelsohne davon aus, dass dereinst im Zuge
der Errichtung des Fideikommisses die nicht mehr weitergewachsene Pri-
vatbibliothek Franz’ I. mit den Beständen der Ferdinandea vereinigt werden
würde. Mit der Absiedlung letztgenannter Sammlung nach Prag machte ihm
Ferdinand einen Strich durch die Rechnung. Und auch Franz Joseph kon-
terkariert die Perspektive auf weitere Neuzugänge mit einer Verfügung, die
inmitten der Verhandlungen zur Ausstellung der Fideikommissurkunde und
den dazu notwendigen Arbeiten erlassen wird. Am 12. Jänner 1849 meldet
das Obersthofmeisteramt an die Hofbibliothek, dass auf Befehl Franz Jo-
sephs „künftighin alle neuen Werke, welche an das k. k. Oberstkämmerer-
amt einlangen und mittelst des gewöhnlichen Monats-Vortrages hierüber,
und rücksichtlich dessen Erledigung angenommen werden, der k. k. Hof-
bibliothek einverleibt werden sollen.“ Diese habe wiederum „alle von Zeit
zu Zeit durch das k. k. Oberstkämmereramt mittels Referatsbogen an selbe
gelangenden Bücher etc. aufzunehmen und in angemessenen Perioden die
Verzeichniße der auf diesem Wege acquirirten Werke anher vorzulegen“.634
Isoliert betrachtet wirkt diese Anweisung wie eine Strafaktion gegen
Khloyber und die von ihm verwaltete Sammlung. In Kenntnis der Umstände
wird die kaiserliche Verfügung aber verständlich. Die Fideikommissbib-
liothek war ja seit 1835 mehr oder weniger abgeschlossen. Die Bücher-Ge-
schenke an den Kaiser flossen seit dem Thronwechsel in die Privatbibliothek
Franz Josephs, so wie sie zuvor 1835–1848 in jene Ferdinands gewandert
waren. Der junge Monarch scheint allerdings am Auf- und Ausbau einer ei-
genen Sammlung zunächst kein großes Interesse gehabt zu haben, was nicht
zuletzt auch ihre überschaubare Größe widerspiegelt. Der Hauptgrund für
die Umleitung in die Hofbibliothek scheinen mir allerdings die häufigen Kla-
gen Khloybers im Zuge der mehrmaligen Aufforderungen zur Erstellung von
Duplikaten der Kataloge als Anhang für die Fideikommissurkunde zu sein,
wozu er sich ohne vorhergehende Revision nicht im Stande sah. Die oftma-
ligen Beteuerungen, dass eine solche Maßnahme aufgrund des umfangrei-
chen Bestandes nicht ohne weiteres und innerhalb kurzer Zeit möglich wäre,
634 FKBA26012, fol. 1r (Abschrift).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken