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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM468
ist jedoch aus einem bestimmten Grund verstänbdlich, der in der Stellung-
nahme von Alois Karpf angedeutet wird.
Dieser versuchte zunächst das Ansehen des Skriptors nach Möglichkeit zu
verteidigen. Hodinka wäre in mehrfacher Hinsicht schwer krank und immer
wieder zu Kuraufenthalten gezwungen. Daraus würden sich seine Abwesen-
heiten erklären, die sich laut Karpf „auf entschuldbare Fälle reduzieren“. Im
Hinblick auf Hodinkas fachliche Qualitäten und Leistungen hebt er hervor,
dass dieser „wissenschaftlich hochgebildet“ sei, die Bearbeitung der ungari-
schen und slawischen Bücher und Kartenwerke zufriedenstellend besorge
und auch „bezüglich der Provenienz eines Theiles der in der kais. Bibliothek
vorhandenen Handschriften und Wiegendrucke“ bedeutende Forschungen
anstelle.128 Am wichtigsten für das Verständnis der ganzen Situation sind
jedoch die kryptischen Schlussbemerkungen Karpfs,
„dass Dr. Hodinka auch vor seiner schweren Erkrankung zeitweilig heftige
psychische Erregungen zeigte. Diese traten zur Zeit der Bekanntgabe des Er-
lasses der hohen k. und k. Generaldirection Nr. 2998 vom 23. Juli 1899 zu
Tage. Nach später gemachten Äußerungen fühlte sich Dr. Hodinka durch die
darin enthaltene, ihn betreffende Bestimmung auf das tiefste gekränkt.“129
Bei dem genannten Erlass Nr. 2998 handelt es sich um die Bekanntgabe der
Neuregelung des Personal- und Gebührenstatus im Jahr 1899. Die Bezüge
der Beamten der Fideikommissbibliothek wurden dabei an das Gehalts-
schema der Hofbibliothek angepasst und somit deutlich erhöht – bis auf eine
Ausnahme: Anton Hodinka wurde auf den Posten eines Amanuensis (Kanz-
leisekretär) der IX. Rangklasse gewissermaßen „zurückgestuft“. Er behielt
zwar seinen bisherigen Titel „Skriptor“ und die bisherigen Bezüge; dennoch
war dies gegenüber seinen Kollegen Jureczek und Schnürer eine deutliche
Benachteiligung, die mit einem Gehaltsunterschied von 500 fl. (bzw. 600 fl.
nach der ersten und 700 fl. nach der zweiten Quinquennalzulage) einher-
ging. Denn bis zu dieser Änderung waren die Gehälter und Zulagen für alle
drei Skriptoren identisch.130 Welche Motive Chertek zu dieser Ungleichbe-
handlung veranlassten, ob sie sachlich begründet oder aus purer Bosheit
geschah, ist nicht ersichtlich. Die emotionalen Reaktionen Hodinkas, seine
persönliche Kränkung und die geringe Motivation, mit der er seinen Ver-
pflichtungen in der Fideikommissbibliothek anscheinend nachging, sind un-
128 FKBA36191, fol. 3r–v.
129 FKBA36191, fol. 4r.
130 Siehe etwa die Aufstellung der Personalbezüge im Präliminare für das Jahr 1898
(FKBA35131).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken