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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM570
mal teilweise umgesiedelt. Die Gründe dafür lagen sowohl in der Raumnot
im ursprünglichen Quartier als auch im Um- und Neubau der Hofburg im
späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die Lösung der Raumfrage war zu-
gleich entscheidend für die weitere Ausgestaltung und Nutzung der Samm-
lung; entlang der verschiedenen Maßnahmen und Strategien, die in dieser
Angelegenheit eingeleitet wurden, lässt sich auch nachvollziehen, wie die
Fideikommissbibliothek allmählich jenen Charakter gewann, der sie bis
heute prägt: Unterschied sich die Sammlung in den 1870er Jahren – zumin-
dest äußerlich, in ihrer Aufstellung – noch nicht wesentlich von der einstigen
Privatbibliothek Kaiser Franz’ I., so konnte sie nach der letzten Übersied-
lung 1908 bereits jenes Erscheinungsbild aufweisen, das im Hinblick auf die
Abfolge und Funktion der Räume und die Aufstellung der Bestände im Gro-
ßen und Ganzen dem heutigen entspricht.
1.5.1 Erste Übersiedlung 1890/91
Die erste Übersiedlung, bei der die Fideikommissbibliothek in Räume des
nahegelegenen Augustinergangtraktes transferiert wurde, hat eine lange
Vorgeschichte. Bereits in seinem „Arbeitsprogramm“ des Jahres 1870 hatte
Becker im vierten Punkt der zusammenfassenden, an den Kaiser gerichteten
Aufstellung der dringlichsten Probleme der Fideikommissbibliothek festge-
stellt, dass es notwendig wäre, die kaiserliche Privatbibliothek bei nächster
sich bietender Gelegenheit in neue Räumlichkeiten zu übersiedeln.525 Ge-
meint war damit freilich nicht die Fideikommissbibliothek selbst, sondern
die damals noch getrennt bestehende Büchersammlung Franz Josephs, die
aber gleichwohl unter Beckers Aufsicht stand und damals in sehr ungüns-
tiger Weise auf einem Dachboden der Hofbibliothek gelagert wurde.526 Der
Kaiser zeigte sich im persönlichen Gespräch mit seinem Bibliothekar diesem
Ansinnen gegenüber durchaus verständnisvoll, verwies jedoch auf die Not-
wendigkeit, dass erst durch Absiedelung anderer Sammlungen in der Folge
des Neubaus der Hofmuseen Raum für seine Privatbibliothek geschaffen
werden könnte. Becker selbst war es dann nach eigener Aussage, der die
Räumlichkeiten des Antiken- und Mineralienkabinetts im Augustinergang
für diesen Zweck vorschlug und damit Zustimmung beim Monarchen fand.527
Wieder aufgegriffen wurde das Thema im Jahr 1877, nachdem durch die
Vereinigung der Fideikommissbibliothek mit der ferdinandeischen Biblio-
thek aus Prag das Raumproblem wieder an Aktualität gewann und dadurch
525 FKBA26135, pag. 55f.
526 Ebenda, pag. 3f.
527 FKBA27004, fol. 1r–v.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken