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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM640
den Huldigungsadressen wegen der baulichen Veränderungen in der Hof-
burg aber bereits nach einem Jahr wieder geschlossen werden.
Die öffentliche Präsentation der Huldigungsadressen, die nach der Über-
siedlung der Fideikommißbibliothek in den Augustinergang stattfinden
sollte, wurde bereits von Moritz Alois von Becker mehr als zehn Jahre vor
ihrer eigentlichen Realisierung geplant. Das erste sichere Indiz dafür findet
sich im Verwaltungsbericht für das Jahr 1881, als Becker bei der Begrün-
dung für die Wahl der ehemaligen Räumlichkeiten des Münz-, Antiken- und
Mineralienkabinettes als zukünftige Unterkunft für Teile der Fideikommiss-
bibliothek auch auf diesen Gegenstand zu sprechen kommt:
„[Demnach] würde durch die Überlassung der genannten Räume die lang er-
sehnte Gelegenheit geboten werden die vielen hochinteressanten Huldigungs-
gegenstände in einer der Intention der Spender und der Würde des Aller-
höchsten Besitzers entsprechenden Weise auslegen und dadurch vielseitigen
Wünschen nicht nur der Industrie und des Kunstgewerbes, sondern auch der
zahlreichen aus der Provinz und der Fremde nach Wien kommenden Kunst-
freunde gerecht werden zu können.“785
Man ersieht aus dieser Formulierung, dass die Idee einer hausinternen Aus-
stellung der Huldigungsadressen bereits seit unbestimmter Zeit bestanden
haben muss, jedoch wegen Platzmangels nicht realisiert werden konnte.786
Ausserdem wird deutlich, dass ein gewisser Erwartungsdruck von außen be-
züglich der öffentlichen Präsentation der Objekte bestand, wie wir ihn ja be-
reits im vorigen Kapitel anhand zahlreicher weiterer Initiativen konstatieren
konnten. In seinem Memorandum vom 7. Februar 1887 zur bevorstehenden
Übersiedlung der Fideikommissbibliothek (vgl. Abschnitt 5.1) hat Becker die
öffentliche Ausstellung der Huldigungsadressen in den geplanten neuen Räu-
men der Fideikommissbibliothek ästhetisch und ideologisch begründet:
785 FKBA30040, fol. 10v.
786 Das Vorhaben wird bereits im Kern erkennbar, als Becker 1879 beabsichtigt, die Huldi-
gungsadressen anlässlich der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares in eigener Regie auszu-
stellen. In seinem damaligen Vortrag an die Kabinettskanzlei (FKBA29016) sprach er sich
jedoch nicht konkret über den Ort und die Dauer des Unternehmens aus. Gewisse Andeu-
tungen finden sich allerdings bereits in einem Vortrag von 1877, worin Becker angesichts
der geplanten Transferierung der Privatbibliothek des Kaisers festhält, dass „die darin
bewahrten Gegenstände, die, zumeist als Zeichen der Huldigung für den Monarchen ei-
nen größeren moralischen wie materiellen Werth repräsentieren, […] nicht nur anständig,
sondern der Würde des allerhöchsten Besitzers entsprechend ausgelegt werden können“.
(FKBA28074, fol. 2r) Dezidiert von einer öffentlichen Ausstellung ist hier freilich noch nicht
die Rede; die Formulierung zeigt jedoch eine gewisse Tendenz, die angesichts der weiteren
Entwicklung konkrete Bedeutung gewinnt.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken