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BIBLIOTHEK UND ÖFFENTLICHKEIT 701
Das bedeutet, kurz gesagt, dass die Autopsie ausgewählter Objekte bis da-
hin bereits grundsätzlich möglich war, selbständiges Recherchen in den Be-
ständen und Katalogen aber nicht. Zhishmans Antwort darauf ist im Detail
nicht ganz nachvollziehbar und beruhte wahrscheinlich auf einem Missver-
ständnis. Er ließ Nagy ausrichten, „daß die Direction den dießbezüglichen
Wünschen bisher bereitwillig entgegen kam“, dass aber Recherchen in einer
kürzlich erworbenen Sammlung ungarischer Porträts und in deren Katalo-
gen nicht möglich wären, weil diese „behufs ihrer vollständigen ämtlichen
Inventarisierung nothwendig in ihrer gegenwärtigen Unordnung verbleiben
muß, diese aber durch eine frühere anderweitige Benützung alteriert wer-
den könnte.“989
Dokumentiert sind in diesen Jahren auch Recherchen, die zwei Studenten
in der Fideikommissbibliothek anstellten. Der Kunsthistoriker Moriz Dre-
ger, der dafür eine Empfehlung von Jacob Falke, dem Direktor des Muse-
ums für Kunst und Industrie, erhalten hatte, machte sich im Sommer 1889
Notizen zu den in der Sammlung vorhandenen Porträts der Königin Maria
von Ungarn (1505–1558);990 Franz Streiner studierte zwei Jahre später im
Rahmen einer Seminararbeit über den Iglauer Meistergesang eine Hand-
schrift der Fideikommissbibliothek.991 Zuletzt ist noch der Bürgerschuldirek-
tor Hans Smital zu erwähnen, der im Rahmen der Arbeiten zu einer von ihm
verfassten Monografie über Floridsdorf zwei Karten aus der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts in der Fideikommissbibliothek kopierte und dafür mit
einem Gesuch des Bürgermeisters dieser Gemeinde ausgestattet worden
war.992
Erste schriftlich fixierte Richtlinien für die Benützung der Sammlung vor
Ort enthalten die 1891 von Alois Karpf entworfenen „Modalitäten für die Be-
nützung der Kunstblätter“, die sich aber nur auf Recherchen zu den Porträt-
grafiken beziehen. Hervorzuheben ist, dass Karpf das selbständige Studium
von Außenstehenden in der Fideikommissbibliothek als Ausnahmesituation
betrachtete, die dann gegeben war, wenn deren Wünsche durch schriftliche
Mitteilungen der Bibliotheksbeamten nicht befriedigt werden konnten oder
wenn die Beantwortung ein gewisses Ausmaß an Arbeitsaufwand überstieg.
Er hält dazu fest:
989 FKBA32030, fol. 5r; zum Erwerb der Porträtsammlung von Gustav von Gözsy, für die sich
Nagy anscheinend besonders interessierte, siehe FKBA32006 u. Abschnitt 1.3.3.
990 FKBA32067, fol. 1r.
991 FKBA33041, fol. 1r.
992 FKBA33132, fol. 2r–v.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken