Seite - 702 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
Bild der Seite - 702 -
Text der Seite - 702 -
KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM702
„In rücksichtswürdigen Fällen kann dieser Persönlichkeit die Einsichtnahme
in die handschriftlichen Hilfswerke der Bibliothek, als auch die unmittelbare
Benützung der Werke aus den zur Erleichterung dieser Forschungen systema-
tisch zusammengestellten Büchergruppen für die personale Literatur, insbe-
sondere der Personalschematismen dann für die Genealogie, Heraldik, für das
Ordenswesen, für die Costumekunde u. s. w. gestattet werden.“993
Seit den 1890er Jahren war die Benutzung der Fideikommissbibliothek zu
Studienzwecken anscheinend eine vonseiten der Sammlung einigermaßen
akzeptierte Praxis, auch wenn die Zahl der dokumentierten Fallbeispiele ge-
ring ist.994 Explizit sei erwähnt, dass der Direktor des Goethe-Nationalmu-
seums und Präsident der Goethe-Gesellschaft in Weimar, Karl Ruland, 1894
die Lavatersammlung „durchforscht hat“995 und dass drei Jahre später den
Autoren und Illustratoren des Prachtwerkes „Viribus unitis“ die Benützung
der Fideikommissbibliothek gestattet wurde.996
In den Jahren 1898 und 1899 war im Rahmen der Planungen für die zu-
künftige Unterbringung der Fideikommissbibliothek die Idee aufgekommen,
sie räumlich und administrativ an die Hofbibliothek anzubinden (vgl. Ab-
schnitt 1.5.2). Es erscheint naheliegend, dass damit auch ein geregelter Pu-
blikumsbetrieb installiert werden sollte, der den Entwicklungen der letzten
drei Jahrzehnte Rechnung getragen hätte. Ausdrücklich dokumentiert ist
diese Absicht aber weder in den Akten der Fideikommissbibliothek noch in
jenen der Generaldirektion. Erst Hofrat Wilhelm von Weckbecker, der im
Oberstkämmereramt eine bedeutende Rolle bei der Neu-Organisation der
höfischen Sammlungen spielte, forderte explizit die „Fruchtbarmachung die-
ser zum großen Teile wissenschaftlich oder künstlerisch sehr bedeutsamen
Bestände [der Fideikommissbibliothek] für den öffentlichen Nutzen“, was
„durch einen gewissen Connex mit […] der Hofbibliothek erreicht würde“.997
993 FKBA33054, fol. 2v.
994 FKBA34181; FKBA35041, fol. 3r; FKBA36147; FKBA37200; FKBA37047; FKBA38051,
fol. 7r; FKBA38206; FKBA39005, fol. 1r; FKBA40018, fol. 1v.
995 FKBA34111, fol. 2v. In dem Akt geht es eigentlich um eine Anfrage des Kunsthistorikers
Wolfgang von Oettingen, der wegen seiner Forschungen zu Daniel Chodowiecki in der La-
vatersammlung recherchieren wollte. Jureczek beteuert in seiner Antwort, dass dies auf-
grund der eben vonstattengehenden Teilübersiedlung der Sammlung nicht möglich sei und
verwies Oettingen auf Karl Ruland und dessen bereits erfolgte Recherchen. 1911–1918 war
Oettingen übrigens ebenfalls Direktor des Goethe-Nationalmuseums.
996 FKBA35110. Das Ansuchen wurde vermutlich deshalb an die Generaldirektion gerichtet
und dem Kaiser zur Genehmigung vorgelegt, da damit auch Arbeiten der Illustratoren in
den kaiserlichen Jagdschlössern und in der Villa in Bad Ischl verbunden waren.
997 Wien, ÖStA, HHStA, OKäA, Kt. 749, R. 53, Z. 513 ex. 1899: Konzept Weckbeckers für eine
Note des Oberstkämmerers an die Generaldirektion vom 20.03.1899.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken