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BIBLIOTHEK UND ÖFFENTLICHKEIT 717
aber nicht rigoros eingehalten wurden, reagierte Becker jedes Mal mit dem
Hinweis, „dass die k. k. Fideikommissbibliothek keine öffentliche Sammlung
ist, sondern nur den Mitgliedern des durchlauchtigsten Kaiserhauses zur
Verfügung steht.“1050 Die Bewilligung zur Reproduktion für wissenschaft-
liche Zwecke könne deshalb nur in Ausnahmefällen erfolgen, wenn die ge-
wünschten Werke in öffentlichen Sammlungen nicht verfügbar wären. Der
weitere Gang der Angelegenheit ist sehr aufschlussreich dafür, wie das Ent-
gegenkommen von der Befindlichkeit des Sammlungsleiters abhing. Becker
hatte die Reproduktion weiterer 13 Stiche zunächst zwar „ausnahmsweise“
genehmigt, verlangte nach Bruckmanns Rechtfertigung aber doch vorab eine
„bindende Zusage“ bezüglich der Einhaltung seiner, den Quellenvermerk
betreffenden Bedingung.1051 Diese wurde vom Verleger auch gegeben, doch
gleichzeitig intervenierte der Herausgeber des Werkes, Woldemar von Seid-
litz, schriftlich bei der Fideikommissbibliothek, um die jüngste Inanspruch-
nahme der Porträtsammlung für Reproduktionen zu rechtfertigen.1052 Dieser
Brief und die zuvor geäußerte Begründung, dass der Aufdruck des Quellen-
vermerks auf den Bildern aus ökonomischen Gründen nicht erfolgt war, er-
zürnten Becker jedoch besonders. Nun wurde auch dem Verlagsmitarbeiter
Fritz Schwartz der Zutritt zur Sammlung verweigert, obwohl dies zuvor be-
reits zugesagt worden war. Bruckmann sah sich zur Abfassung eines sehr
reumütigen und unterwürfigen Briefes veranlasst.1053 Ob dieser die beab-
sichtigte Wirkung hatte, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Am 2. Juli 1887
bat Bruckmann noch einmal darum, fünf weitere Porträts nach Vorlagen aus
der Fideikommissbibliothek für den vierten Teil des Por trätwerkes („Künst-
ler und Musiker“) reproduzieren zu dürfen, worauf vonseiten der Sammlung
aber wahrscheinlich nicht mehr eingegangen wurde.1054 Am 21. Dezember
desselben Jahres übersandte er die ersten Lieferungen dieses Bandes an den
neuen Direktor Josef von Zhishman und bat um Fortsetzung der Unterstüt-
zung. Sie wurden jedoch postwendend mit der lapidaren Begründung Zhish-
mans zurückgeschickt, „dass derselbe jede persönliche Zusendung principiell
ablehnt.“1055
1050 FKBA30102, fol. 41r–v, siehe auch fol. 18v.
1051 FKBA30102, fol. 45r–v.
1052 FKBA30102, fol. 48r–49r.
1053 FKBA30102, fol. 51r–52v.
1054 FKBA30102, fol. 53r–54r. Die Namen der fünf Personen werden von Bruckmanns nicht ge-
nannt. Er verweist auf eine dem Schreiben beigegebene Liste, die im Akt allerdings nicht
auffindbar ist. Da der vierte Band des Werks (FRANZ 35850) nur einige wenige Quellen-
angaben zu den Abbildungen enthält und die Fideikommissbibliothek unter diesen nicht
genannt wird, ist davon auszugehen, dass Wunsch Bruckmanns nicht erfüllt wurde.
1055 FKBA30102, fol. 55r–56r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken