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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM722
reichisch-ungarischen Monarchie“1078 und die „deutsch-oesterreichische Lite-
raturgeschichte“.1079
Der dritte Punkt wäre eigentlich unter die vorherigen zu subsummie-
ren; da er sich aber in so zahlreichen Fällen manifestiert hat, muss man ihn
einfach als spezifische Kategorie hervorkehren. Es geht um die ungewöhn-
liche Rolle, die die Fideikommissbibliothek für die visuelle Dokumentation
der Personalgeschichte der österreichischen Armee gespielt hat. Über einen
Zeitraum, der sich von der Mitte der 1880er Jahre bis zum Ersten Weltkrieg
hinzog, hatte nahezu jedes Regiment fotografische Reproduktionen nach
den vorhandenen Porträts seiner historischen Inhaber und Kommandanten
anfertigen lassen. Die Hintergründe und Einzelheiten dieses Phänomens
werden uns in einem eigenen Kapitel beschäftigen (vgl. Abschnitt 2.2.5).
Obendrein gelangten Porträts und geschichtliche Ereignisbilder aus der
Fideikommissbibliothek zur Vervielfältigung, als es um die mediale Konst-
ruktion der Erinnerung an die beiden letzten „Helden“ der Monarchie ging:
1891 erschien „das Buch vom Vater Radetzky“ des Majors Carl von Duncker
mit 38 Reproduktionen nach Vorlagen aus der Sammlung;1080 1909 stellte
die Fideikommissbibliothek anlässlich der Hundertjahrfeier der Schlacht bei
Aspern zahlreiche Objekte für Ausstellungen und Publikationen zu „Erzher-
zog Karl und seine[r] Zeit“ zur Verfügung.1081
All diese Beispiele demonstrieren die Kooperation der Fideikommissbib-
liothek im Fall von Publikationen, die die Loyalität zur Monarchie zum Aus-
druck brachten und beflügeln sollten. Doch wie stand es bei Unternehmun-
gen, die diese Voraussetzungen nicht mitbrachten, v. a. bei ausländischen? Es
bedurfte zunächst einer von verschiedenen Faktoren vorangetriebenen Ent-
wicklungsperiode, bis auch hier die Praxis der Reproduktion routinemäßig
in Anspruch genommen werden konnte. Werfen wir zunächst einen Blick auf
die Gründe, mit denen entsprechende Ansuchen anfangs abgelehnt wurden.
Als sich im Jahr 1885 ein Verleger aus Turin mit der Bitte an die Fidei-
kommissbibliothek wandte, Bilder für ein italienisches Schulbuch zu erhal-
ten, hatte Becker dies mit den Worten abgelehnt, dass „eine Reproduction
von Bildern nur dann gestattet werden darf, wenn es sich um seltene an-
derweitig nicht vorhandene Bildnisse handelt, die für öffentliche Zwecke be-
nöthigt werden, während die von Ihnen ausgeführten Porträte im Kunsthan-
1078 FRANZ 41.294; vgl. FKBA35055.
1079 FRANZ 40.753; vgl. FKBA35087.
1080 Carl Duncker, Das Buch vom Vater Radetzky. Ein Lebensbild im Rahmen der Geschichte
seiner Zeit. Für Österreich-Ungarns Heer und Völker (Wien 1891), FRANZ 39.517. Auf
Seite 243 als Quellennachweis die summarisch Angabe „Bildwerke aus der k. u. k. Famili-
en-Fideicommiss-Bibliothek“.
1081 FKBA37153.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken