Seite - 753 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
Bild der Seite - 753 -
Text der Seite - 753 -
BIBLIOTHEK UND ÖFFENTLICHKEIT 753
aus Österreich in erster Linie in Betracht zu ziehen sind, natürlich. Ausser-
dem ist Prof. Vreese durch mich persönlich bei seiner Anwesenheit in Wien
von der ganzen Sachlage und von meiner Absicht in Kenntnis gesetzt worden,
so dass eigentlich die ganze Aktion als nicht korrekt, jedenfalls als etwas son-
derbar betrachtet werden darf.“1212
Gottliebs Absicht, das Rookloster Register in irgendeiner Form zu publizie-
ren und zugleich zu verhindern, dass ihm dabei Fachkollegen zuvorkommen
würden, geht schließlich auch aus einer vier Jahre später geführten Kontro-
verse hervor, als die Angelegenheit aufgrund einer weiteren Anfrage erneut
dringlich wurde. Denn im Juli 1913 kündigte der Jesuit und Literaturhis-
toriker Jozef Van Mierlo seinen Besuch in der Fideikommissbibliothek an,
wo er die Handschrift einsehen wollte. Er bat darum, ihre Verfügbarkeit für
die Zeit zwischen 5. und 12. August sicherzustellen, und fügte eine wenig
vorwurfsvoll hinzu, dass er den Codex bei einem Wien-Besuch ein Jahr zu-
vor wegen der Abwesenheit Gottliebs nicht zu Gesicht bekam.1213 Nun war
letzterer aufgefordert, die übermäßig lange Aneignung des begehrten Wer-
kes durch ihn erneut zu rechtfertigen. Wieder brachte Gottlieb seine Tätig-
keit als Herausgeber mittelalterlicher Bibliothekskataloge im Auftrag der
Akademie der Wissenschaften als Argument ins Spiel. Warum dabei „der in
Rede stehende Codex 9373 […] seiner ganzen Natur nach […] fortlaufend
zur Controlle der Titel und zum Nachweise der Literatur für den Unter-
zeichneten unentbehrlich“ sein sollte, ist nicht nachvollziehbar. Ebenso fragt
man sich, weshalb er „schon seit langem zur Veröffentlichung von ihm ins
Programm aufgenommen“ wurde, da sich doch dieses „Programm“ auf Ka-
taloge österreichischer Bibliotheken beschränkte. Die Argumente Gottliebs
waren offensichtlich vorgeschützt, um sein „privates“ Projekt der Publika-
tion des Roo kloster Register sicherzustellen und dieses vor dem Zugriff an-
derer Gelehrter zu „schützen“. Diese Motive kommen auch augenscheinlich
darin zum Ausdruck, dass er forderte, „dass er [Van Mierlo], den literari-
schen Usancen entsprechend, den angeführten Umständen Rechnung tragen
und nicht versuchen werde, eine Arbeit teilweise zu vereiteln oder vorweg-
zunehmen, die so viele Kosten und so großen Arbeitsaufwand beansprucht
hat“.1214 Gottliebs Schreiben wurde Van Mierlo übergeben, worauf dieser mit-
teilen ließ, dass er „absolut nicht an eine Herausgabe der Handschrift, wie
nach seiner Ansicht Euer Hochwohlgeboren vielleicht vermuten“, denken
würde, „sondern […] nur nach einigen Angaben über die Mystikerin Hadwig
1212 FKBA38081, fol. 7r.
1213 FKBA41050, fol. 2r.
1214 FKBA41050, fol. 4v.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken