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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM862
Habsburgica- bzw. Austriaca-Bestände, die die Fideikommissbibliothek un-
entgeltlich erhielt, waren jedoch zweifellos Neuerscheinungen von Büchern
und gelangten auf dem Weg der persönlichen Widmung an den Kaiser in die
Sammlung. Wie bereits erwähnt, hatte Schnürer mehrmals darauf hingewie-
sen, dass Werke, die dem Kaiser solcherart zur Annahme unterbreitet wur-
den, wohl irgendeinen Bezug zum Monarchen, zur Dynastie oder zur Monar-
chie aufweisen konnten. Umgekehrt darf man annehmen, dass Autoren, die
den Anspruch erhoben, ein „patriotisches Werk“ zu veröffentlichen, die Form
der Anerkennung aufgrund einer Annahme durch den Kaiser im Allgemeinen
suchten. Die Zahl der angenommenen Werke, die das Oberstkämmereramt
an die Fideikommissbibliothek weiterleitete, lag jährlich im dreistelligen Be-
reich und machte in den Jahren nach 1900 ca. 50–70 % des Zuwachses aus
(vgl. Abschnitt 1.3, Tabelle 1). Anlassbezogen, beispielsweise während der
Regierungsjubiläen in den Jahren 1898 und 1908, konnten diese Werte auch
signifikant höher liegen. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen musste die
Fideikommissbibliothek also notgedrungener Weise zu einer Spezialsamm-
lung von literarischen und künstlerischen Werken zur österreichisch-unga-
rischen Monarchie anwachsen, selbst wenn ihr dieses Profil nicht explizit in
Form von Sammlungsrichtlinien zugesprochen worden wäre.
Die große Menge des Bestandes an Widmungsexemplaren ist durch die
Übergabeverzeichnisse des Oberstkämmereramtes bzw. durch die in der
Wiener Zeitung veröffentlichten Listen dokumentiert. In seltenen Fällen
wurden Werke vom Oberstkämmereramt auch einzeln an die Fideikommiss-
bibliothek übergeben, wie etwa die bereits erwähnte „Kaiser-Galerie“ des
Verlegers Max Herzig oder das Buch „Kaiser Ferdinand I. (V.) der Gütige in
Prag“ von Viktor Graf Ségur Cabanac.1598 Erwähnt sei außerdem, dass Franz
Schnürer dem Kaiser sein Werk „Habsburger-Anekdoten“ widmete und zu
diesem Zweck ein Ansuchen an die Generaldirektion als seiner vorgesetzten
Behörde stellte. Der patriotische Charakter des Buches kommt darin deut-
lich zum Ausdruck, da es „den – in einer Reihe von Besprechungen auch
anerkannten und gewürdigten – Zweck [v]erfolgt, der Anhänglichkeit an das
Allerhöchste Kaiserhaus, der Liebe zur glorreich regierenden Dynastie in
den weitesten Kreisen der Bevölkerung neue Nahrung zuzuführen und zur
Erstarkung und Vertiefung des patriotischen und dynastischen Gefühls ein
bescheidenes Scherflein beizutragen.“ Schnürer fügte noch hinzu, dass das
Werk „seit Weihnachten 1908 bereits eine sechsmalige Neuauflage erfahren
konnte und also bereits tief in das Volk gedrungen sein dürfte“.1599
1598 FKBA4055. Das Werk hat die Bibliothekszahl FRANZ 46.514.
1599 FKBA37188, fol. 1r–v.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken