Seite - 904 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM904
zwischen 1833 und 1844 illustrieren.1743 Darüber hinaus hatte er Ansichts-
karten mit den Motiven herausgegeben, was allerdings eine wütende Reak-
tion Schnürers nach sich zog, der dies als nicht genehmigte kommerzielle
Verwertung der Sammlungsobjekte betrachtete. Schnürer forderte Scolik in
einem Schreiben vom 4. Februar 1908 auf, „diese Karten sofort auf das be-
stimmteste aus dem Handel zurückzuziehen, aus sämtlichen Verkaufsstel-
len zu entfernen und den weiteren Vertrieb einzustellen, da ich andernfalls
gezwungen wäre, die Anzeige von Ihrem widerrechtlichen Vorgehen zu er-
statten“.1744 Da es, wie wir noch sehen werden, bei der Veröffentlichung von
Ego-Dokumenten zu Kaiser Franz Joseph und anderen Habsburgern wieder-
holt Vorbehalte und Verbote der Generaldirektion gab, wäre es vorstellbar,
dass Schnürer den Vorwurf fürchtete, bei der Bewilligung derartiger Ansu-
chen seine Kompetenz überschritten oder missbraucht zu haben. Die Ver-
öffentlichung von Ansichtskarten mit Darstellungen aus der Kindheit des
Kaisers war aber anscheinend keine grundsätzlich missbräuchliche Verwen-
dung dieser Bilddokumente. Als nämlich die Redaktion der „Wiener Mode“
kurze Zeit später ein Ansuchen stellte, die beiden Aquarelle von Fendi und
Ender für Ansichtskarten reproduzieren zu dürfen, wurde dies von der Ge-
neraldirektion bewilligt.1745
Die Grafiken von Kriehuber, Ender und Fendi aus der Fideikommissbi-
bliothek stellen nur einen Teil der Knabenbildnisse und Kindheitsdarstel-
lungen des Kaisers dar, die zu einer Zeit populär wurden, als der Monarch
bereits das Greisenalter erreicht hatte. Ein weiteres dieser Bilder muss
hier noch besprochen werden, da es nach einer bestimmten, in der Fidei-
kommissbibliothek aufbewahrten Vorlage mehrfach reproduziert wurde:
die sogenannte „Schildwache in Laxenburg“. Das Original dieser Darstel-
lung ist ein Ölgemälde von Peter Fendi und zeigt eine Szene, die sich 1833
im Schlosspark von Laxenburg zugetragen haben soll. Kaiser Franz I. hatte
dabei seinen ältesten Enkel und späteren Nachfolger als dreijährigen Kna-
ben in den Armen hochgehalten, damit dieser einem ungarischen Infante-
risten, der Schildwache hielt, einen Geldschein in die Patronentasche ste-
cken konnte. Fendis Bild war 1836 entstanden und ist seit 1842 im Besitz
der Kaiserin Karoline Auguste nachweisbar.1746 Da die letzte Gemahlin
Franz’ II./I. bemüht war, das positive Andenken an diesen Kaiser mit ver-
1743 Scolik, Kaiser, 14–25; Scolik / Unger, Franz Joseph I, passim.
1744 FKBA37197, fol. 5r.
1745 FKBA38011, fol. 8r–9r. Es handelt sich um die oben erwähnte Verwendung für eine Fest-
nummer der Zeitschrift, wobei aus den fotografierten Grafiken zusätzlich Ansichtskarten
hergestellt werden sollten. Im Entwurf Schnürers zum Bericht an die Generaldirektion
wurde dieser Verwendungszweck erst nachträglich eingefügt (fol. 3r).
1746 Koschatzky, Fendi, 261 u. Abb. 77.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken