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DIE FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK
1914–1919938
diensttuende Bibliotheksbeamte ist, wodurch aber seine Kräfte anscheinend
übermässig in Anspruch genommen werden, so dass allenfalls auch bei ihm
ein Zusammenbruch zu befürchten sein könnte“.36 Auch Schnürer fürchtete
die Verschlimmerung eines bereits attestierten Tuberkuloseleidens in den
Wintermonaten. Schließlich einigte man sich mit dem Generaldirektor der
allerhöchsten Privat- und Familienfonde Franz von Hawerda-Wehrlandt37 je-
doch darauf, dass dem Gesuch die folgende Begründung anzufügen sei: „Un-
entbehrlich zur Durchführung einer von Seiner Majestät Allerhöchstpersön-
lich angeordneten Sammlung und Aufstellung der die Allerhöchste Person
im Weltkriege betreffenden Objekte.“ Auf diese Sammlung wird weiter unten
ausführlicher eingegangen. Die Bewilligung der Enthebung Hefels erfolgte
am 27. Oktober 1917 auf unbestimmte Zeit. Bereits das Beispiel Ernst Hefels
zeigt, dass man in der Fideikommissbibliothek mit allen Mitteln versuchte,
auf die diensthöheren Stellen dahingehend einzuwirken, dass die Kollegen
zurück zur Dienstleistung in die Fideikommissbibliothek beordert werden
sollten. Zur gleichen Zeit bat auch Payer von Thurn selbst um seine eigene
Enthebung vom Militärdienst.38 Der Kustos wurde am 27. September 1867
geboren und hatte nie gedient. Seine Einberufung zur Musterung für den
Landsturm erfolgte am 10. August 1916,39 da das Alter der wehrpflichtigen
Geburtsjahrgänge schrittweise angehoben worden war. Obwohl er 1917 be-
reits 50 Jahre alt geworden war, wäre er aufgrund der Ausweitung des wehr-
pflichtigen Alters eingezogen worden. Seine Stellung bei Hof brachte ihn je-
doch, ebenso wie Ernst Hefel, in eine Position, in der er durch ein Ansuchen
an die Generaldirektion um Enthebung vom Militärdienst zu einem privile-
gierten Personenkreis zählte, dessen Ansuchen vom Ministerium für Landes-
verteidigung am 19. September 1916 umgehend bewilligt wurde.40
Sowohl Payer von Thurns als auch Hefels Enthebung vom Militärdienst
blieben trotz der rigorosen Überprüfungen seitens des Kriegsministeriums
in den Jahren 1917 und 1918 aufrecht.41 Die Generaldirektion hatte der
36 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF J.R., Rubr. 5 Fideikommissbibliothek 541, 2696/1917, fol. 1v.
37 Franz von Hawerda-Wehrland war zunächst Kabinettsekretär Franz Josephs, wurde 1910
zum Generaldirektor und zusätzlich dazu 1917 zum Leiter der Kabinettskanzlei Kaiser
Karls ernannt. Nach dem Ende der Monarchie war er mit der Auflösung der Privat- und
Familienfonde betraut. Zwar war Hawerda-Wehrlandt in privaten Finanzangelegenheiten
die rechte Hand des Kaisers [Rauchensteiner, Weltkrieg, 659–660], doch hält Oswald Red-
lich in seinen Memoiren fest, dass Prinz Konrad Hohenlohe ihn im Rahmen der Ernennung
zum Kabinettsdirektor als „unfähigen Bürokraten kleinsten Kalibers“ bezeichnet hatte.
Vgl. Redlich, Tagebücher 2, 357.
38 FKBA43031.
39 FKBA45022, fol. 3v.
40 FKBA44036, fol. 3r.
41 FKBA45022.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken