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DIE „K. U. K. FAMILIEN-FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK“ IM ERSTEN WELTKRIEG 963
Seit Beginn des Ersten Weltkriegs
erlebte die Bibliothek einen Bedeu-
tungsverlust. Die „goldenen Zeiten“
der Anschaffung ganzer Bibliothe-
ken waren vorbei. Ein eindrucks-
volles Beispiel stellt die Ablehnung
des Ankaufs der Bibliothek des 1914
verstorbenen Sekretärs von Kaiserin
Elisabeth, Hugo Ritter von Feifalik,
dar. Ob der Ausbruch des Ersten
Weltkriegs als Grund für die Ableh-
nung eine Rolle spielte, geht aus den
Akten nicht hervor. Wohl aber sind
es die hohen Anschaffungskosten, die
den Ausschlag gaben. Die verwitwete
Schwiegertochter, Anna von Feifa-
lik, hatte einen Kaufpreis von etwa
40.000 K und eine Leibrente von
etwa 2.000 K gefordert, naturgemäß
ein Preis, der laut Auskunft der Witwe weit unter dem tatsächlichen Wert der
Bibliothek liege.169 Für die Entscheidungsfindung wurde nicht einmal ein Gut-
achten Franz Schnürers eingeholt, da die in Frage stehende Bibliothek laut
Generaldirektion den Reinerlös des Bibliotheksbudgets für ein ganzes Jahr in
Anspruch nehme und da die „Schöne Literatur“ keinen Sammelschwerpunkt
der Fideikommissbibliothek darstelle.170 Auch die Hofbibliothek171 zeigte ob
des hohen Anschaffungswerts kein Interesse an der 10.000–12.000 Bände um-
fassenden Bibliothek mit Bücherschätzen wie „der Weimarer Goethe-Ausgabe,
Werke[n] von Voltaire, Flaubert, Maupassant u. s. w.“.172
Wenn auch die Bibliothek Hugo von Feifaliks nicht angeschafft wurde,
so gab es dennoch andere Erwerbungen. 1916 wurden aufgrund einer al-
lerhöchsten Entschließung 99 Zeichnungen aus dem Nachlass Franz von
Ausgaben nicht ersichtlich, ob wirklich Ausgaben in dieser Höhe für die Sammlung „Kaiser
und König Karl im Weltkrieg“ getätigt wurden. Die Aktenlage lässt vermuten, dass dieser
Budgetposten für andere Ausgaben verwendet wurde. Bei den Personalbezügen wurden die
tatsächlichen Ausgaben verrechnet. Aufgrund der Inflation stiegen die Personalkosten und
Kanzleiauslagen während der Kriegsjahre erheblich an.
169 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF J.R., Rubr. 5 Fideikommissbibliothek 540, 294/1915, fol. 3r.
170 Ebenda, fol. 1v. Kaiser Franz Joseph lehnt den Ankauf in einer Entschließung vom
10.02.1915 ab [fol. 2r].
171 Wien, ÖNB, HAD, Hausarchiv 730/1914.
172 Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF J.R., Rubr. 5 Fideikommissbibliothek 540, 294/1915, fol. 4r.
Abb. 7: Karl I., 1915
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken